„Gebrauchsanweisung“ für lange Busfahrten

Von Iris Pfitzer-Heine

Die USA, ein weites, riesiges Land mit großen Entfernungen. Wenn wir auf unserer Reise morgens die Landkarte studieren, um uns über die tägliche Route zu informieren, sehen die Strecken eigentlich immer ganz normal aus – nach deutschen Maßstäben.Tatsächlich aber entpuppen sie sich dann doch etwas länger als von uns Greenhorns gedacht. So ist zum Beispiel Montana, durch das wir die letzen Tage fuhren, so groß wie ganz West- Deutschland mit einer Einwohnerzahl von nur einer Million. Für unsere Verhältnisse unvorstellbar! Und es gibt immer etwas zum Betrachten, Fotografieren…

Aber einigen von uns genügt die Schönheit dieser Landschaft noch nicht, und sie begannen während der Fahrt zu stricken, denn „Frau“ ist ja „multitaskingfähig“. Mit dieser Tätigkeit steckten sie dann auch mich an, und so habe ich in den letzten 2 Wochen gelernt, Socken zu stricken. Bei längeren Fahrten ist es relativ einfach, sich zum Beispiel auf das Stricken eines Fersenkäppchen zu konzentrieren. Also werde ich gegen Ende dieser Woche mein erstes Paar selbstgestrickte Socken seit der Schulzeit hergestellt haben, und bedanke mich bei zwei meiner Reisegefährtinnen ganz herzlich für diese neue Fertigkeit.

Sollte nun jemand der Meinung sein, dass ich mich lieber auf die Landschaft konzentrieren sollte, nun, Stricken und Schauen lassen sich durchaus vereinbaren, und die Zeit vergeht dabei umso schneller!

Big Sky Country

Von Hilde Louis

wir vor einem 'Allesgeschäft'

wir vor einem ‚Allesgeschäft‘

So wird Montana genannt und wirklich, der Horizont scheint nicht enden zu wollen. Wir kommen von Lethbridge, ein letztes Städtchen vor der amerikanischen Grenze. Die Grenze erwarten wir mit Spannung, aber wie ihr schon wisst, haben wir auch das gemeistert. Der Officer war recht freundlich, und als er hörte, dass wir bis Patagonien unterwegs sein werden, da war ein „oh“ zu hören, und wir wussten, das würde er auch gerne machen. Aber die Grenze ist nun mal da!

Montana ist so groß wie Deutschland, hat aber nur knapp eine Million Einwohner, es ist ein weites Land. Seine Farben: ein milchig blauer Himmel, die Erde ein verblasstes Gelbgrün. Nur hier und dort taucht einmal eine menschliche Behausung auf, meist ein dunkelrotes „Holzhaus“ mit den typischen weißen Fenster- und Dachumrahmungen und dem schön gewölbten Dach. Manchmal entdecken wir windschiefe, graue Holzhäuser und Hütten, verlassen, aber sie werden bleiben, bis sie von selbst zusammenfallen. Montana ist Wheatland, weiße oder graue Silos weisen darauf hin.

Lange Zeit hinter der kanadischen Grenze bleibt  das Land flach. Der Winter muss kalt und schneereich sein,  auf den Feldern stehen Schneeschutzzäune und vor „gusty crosswinds“ wird gewarnt.

Später wird es hügelig, die Erde weiterhin gelbgrün, dann gleicht das Land einer Buckelpiste, in waagerechter Position natürlich.

Mehrmals machen wir einen Stopp, es ist heiß, weit über 30 Grad Celsius und wir bleiben dann immer ein klein wenig länger in den kleinen „Allesgeschäften“. Außer Postkarten, Süßem, Chips – jede Menge -, Sandwiches, Salaten, gibt es auch Coffee, „Cappuccino“ mit und ohne „flavor“, Zeitungen, und natürlich die letzten Neuigkeiten.

Dann irgendwann tauchen canyonartige Formationen auf und unser Blick geht auf die rechte Seite des Highway. Wir schauen auf Billings. Alles ist grün, es könnte fast ein Wald sein, der sich da ausbreitet. Aber nein, es ist tatsächlich Billings, eine der wenigen Städte in diesem großen Staat. Billings ist sehr angenehm, ca. 130 Jahre alt, es hat viele Backsteinhäuser.

Abends essen wir draußen auf der Terrasse eines Hotels, das von einem Deutschen erbaut worden ist, heute gilt es schon als „Historical Site“. Ebenso wie unser Hotel, das in den Fünfzigern erbaut wurde und also gerade mal 60 Jahre alt ist.

Am nächsten Morgen ist Markt, mitten auf der Kreuzung. Es gibt Gemüse, Obst, Marmelade – homemade – und Stände, an denen man gleich Leckeres essen oder trinken kann.

Wir hätten noch viel entdecken können in der Stadt, in der auch J. Steinbeck einen Tag länger blieb, als er mit Charly – seinem französischen Pudel – Amerika erkundete und sich NOCH einen Hut kaufte.

Back in The USA

Beitrag von Ina Jander

Heute verlassen wir Kanada und versuchen wieder, in die USA einzureisen. Nach den Erlebnissen mit US-Behörden während der letzten Wochen sind alle etwas beunruhigt.

Seit Anchorage sind wir mit den unterschiedlichsten Fahrzeugen unterwegs gewesen, zuletzt in zwei großräumigen Vans von amerikanischem Format, die von Uli und Hans-Peter selbst gesteuert wurden. Aber mit diesen Autos dürfen wir die Grenze nicht passieren, schon gar nicht mit „unseren“ beiden Männern am Steuer. Deshalb wurde ein bequemer Kleinbus mit Chauffeur gemietet, der uns von Calgary nach Billings, Montana bringen soll. Unser Chauffeur heißt Kevin, er trägt einen schwarzen Anzug, weißes Hemd  und weiße Handschuhe!!  Wir kommen uns vor wie die Tramps gegen ihn.

Das kanadisch-amerikanische Grenzgebäude ist mindestens so imposant wie seine Gegenstücke auf der Seidenstraße. Eine knappe halbe Stunde müssen wir mit dem Auto Schlange stehen (uns „von hinten anschlängeln“ wie Reza das nennen würde), dann sind wir an  der Reihe. Alle halten wir gehorsam unsere Reisepässe bereit, aufgeschlagen auf der Seite mit dem US-Stempel, den haben wir alle ja schon. Der Officer ist ein älterer Mann und so umgänglich und nett, wie man ihn sich nur wünschen kann. Nach nur 15 Minuten sind wir durch! Wenn er der zuständige Beamte im Hafengelände von Tacoma am Zoll gewesen wäre,  wir sind uns sicher, er hätte unseren Roten reingelassen.

Uli gesteht uns nachträglich, dass er schwerste Bedenken hatte, ob wir mit diesem kanadischen Kleinbus über die Grenze kommen würden, zu viel hat er in dieser Hinsicht schon erlebt. Aber das sagt er Gott sei Dank erst hinterher. Hilde Lahr, die aber eigentlich aus Eschweiler bei Aachen kommt: „Et es wie et es. Et köt wie et köt. UND – et es noch emme jut jejange!“

Marina, die mit ihrer Familie in den Siebzigern lange in den USA gelebt hat und nur die schönsten Erinnerungen mit dieser Zeit verknüpft, freut sich, endlich mal wieder in den Staaten zu sein. Hilde Meerbusch sieht sie versonnen lächelnd im Sitz zurückgelehnt: „So geht mir das auch oft – ich muss aufpassen, dass mein Grinsen nicht so breit wird, dass sich meine Mundwinkel oben am Scheitel treffen!“

Gruß aus Alaska

Beirag von Ina und Hans-Peter

Liebe Leute,

Ihr alle habt mitbekommen, dass wir  – was unseren Bus betrifft – noch nicht so weit sind wie wir wollen. Einige von Euch können sich vorstellen, was alles damit verbunden ist an Arbeit, Gedanken, Sorgen, Aufwand und auch Enttäuschung. Deshalb freuen wir uns sehr über die Kommentare hier im Blog und die Mut machenden Emails, die uns erreichen!
Das tut in dieser Situation so gut! Danke Euch allen!

Ina und Hans-Peter

Nachtrag Seattle

Beitrag Ina Jander

Nachtrag zu Seattle

An unserem zweiten Samstag in Seattle waren wir im Discovery Park im äußerstem Westen der Stadt, ca. 11 Meilen nördlich von Downtown. Ein ehemaliges Militärgelände (Fort Lawton), das an die Stadt zurückgegeben wurde und seit den Siebzigern als geschütztes und gepflegtes Natur- und Naherholungsgebiet den Seattleites zur Verfügung steht. Der größte Park der Stadt, mit fast  20 km Wanderpfaden, die durch alte Baumbestände, über Wiesen, an Klippen und am Strand entlang führen. Der Park ist ein Refugium für 270 Vogelarten und wenn man Glück hat, bekommt man am Eliott Bay oder Shilshole Bay Seehunde und/oder Seelöwen zu Gesicht. Am westlichsten Ende des Parks und der Stadt überhaupt steht ein altes Lighthouse, das noch in Armeebesitz ist.  Es gibt Picknickplätze, naturkundliche Führungen und ein reichhaltiges Angebot der Natur angepaßten Aktivitäten für alle Altersgruppen.

Das „Daybreak Star Cultural Center of the United Indians of all Tribes“ hat seinen Sitz im Park und gilt als städtische Basisorganisation für alle Native Americans in the Seattle Area.

Als wir dort waren, fand ein großes Pow-Wow statt. Ob das eine ernsthafte Angelegenheit der Indianer oder eine reine Touristenattraktion war, haben wir nicht herausgefunden, der Andrang auf dem Parkplatz war enorm, uns stand der Sinn nach Grün und Abgeschiedenheit, deshalb wählten wir einen anderen Ausgangspunkt. Auf unserem Rückweg Stunden später waren aber im Wald Trommeln und Gesänge zu hören, wie wir sie aus den alten Western kennen.

Wir hatten einen schönen Tag im Grünen, mit wunderbaren Ausblicken auf die Olympic Mountains, die zwischen Seattle und dem Pazifik liegen, und auf Mount Rainier im Süden, der riesengroß, schneebedeckt und wie vom Boden gelöst im Süden über allem zu schweben scheint.
Eigentlich heißt der Berg bei den Einheimischen „Tahoma“, aber als Captain Georg Vancouver im späten 18 Jh. diesen Berg als erster Weißer sah, nannte er ihn kurzerhand nach seinem Freund Admiral Peter Rainier. Es würde mich interessieren, ob dieser Admiral Rainier dem Berg jemals nahe gekommen ist.

Toll ist, dass hier überall versucht wird, alle Plätze auch für Rollstuhlfahrer zugänglich zu machen, sie bekommen unkompliziert Sondergenehmigungen, um an bestimmte Plätze mit dem Auto zu fahren, es wird aber auch darauf hingewiesen, welche Strecken und Orte für sie nicht oder nur schwer zugänglich sind und erklärt, weshalb es nicht möglich ist. Es gibt überall Rampen und Parkplätze und ganz selbstverständlich WCs, die NICHT verschlossen sind.

Zurück in der Stadt, lernten wir am Abend Beth kennen, eine feine Dame Anfang sechzig, sie saß in unserer „Lieblingskneipe“ am Nebentisch. Hier kommt man ganz leicht mit Menschen ins Gespräch und es ist dann nicht zäh und mühsam, sondern einfach nett. Es gab keinen Grund, Beth auf ihre Frage, was wir hier in Seattle tun, nicht die Geschichte unserer Weltreise zu erzählen. Sie war begeistert und wusste so unglaublich gut Bescheid über alle Länder auf der Seidenstraße, dass wir sie fragten, wann und wie oft sie denn schon dort unterwegs gewesen sei. Leider noch gar nie, aber es sei ihr Traum und sie lese eben viel darüber und verpasse keine Dokumentation und keinen Film zum Thema.

Ganz untypisch – jedenfalls wenn man unser immer noch existentes vorgefertigtes Bild von „den Amerikanern“ zugrunde legt – besitzt Beth kein Auto, geht viel zu Fuß („two miles are just nothing“) oder nützt den Public Transport, der allerdings seit vergangenem Herbst nicht mehr so ist wie früher. Bis vor einem halben Jahr konnte man im Innenstadtbereich umsonst die Stadtbusse nutzen und für Besucher gab es eine Art Mehrtages-Citypass mit diversen Vergünstigungen. Das alles gibt es seit kurzem nicht mehr, denn ein Politiker auf Stimmenfang versprach die Abschaffung einer bestimmten Steuer, die jedoch genau diese großzügigen Angebote der Stadt alimentierte. Seither ist das ganze System in einer Abwärtspirale: da nun kostenpflichtig, fahren weniger Leute mit dem Bus, und weil jetzt die Auslastung so gering ist, werden immer mehr Linien eingestellt usw. – ad absurdum.

Diese Praktik kennen wir bei uns auch: Etwas Wertvolles für Stadt, Bürger, Besucher und das Qualitätsklima der Stadt wird mutwillig zerstört, weil sich ein Politiker kurzsichtig und verantwortungslos mit seinen Versprechen einen persönlichen Vorteil verschafft. Unser Rezeptionist im Hotel bestätigt diese Geschichte in allen Einzelheiten.

Zum Schluss noch ein paar Sätze zu Dingen, die uns hier aufgefallen sind:

Radfahren
Es gibt in Seattle viele Radfahrer, nicht so viele wie in Freiburg, aber viel mehr als erwartet. Die Stadt ist viel hügeliger als Freiburg, die Straßen steigen oft unglaublich steil an. Hier sind auch die Polizisten per Rad unterwegs, dazu eine Art Securitydienst, meist recht stämmige Männer, die man eher nicht auf einem Rad vermutet. Sie fahren durch Parks und sensible Gegenden und schauen nach dem Rechten. Die großen Straßen haben alle breite und gut markierte Radstreifen, bei Einbahnstraßen sind die Radstreifen oft auf beiden Seiten angebracht.

Im Restaurant
Wenn man ins Restaurant geht, stürmt man hierzulande nicht auf den nächsten freien Platz oder Tisch, man bekommt ihn zugewiesen. „Please wait to be seated“. Wenn man das nicht kennt, mag man sich gegängelt vorkommen  – „warum darf ich mich nicht hinsetzen, wo ich will?!“ Aber das System ist ziemlich gut, jemand anderer übernimmt die Suche für uns, wir können ganz entspannt warten, im Vertrauen, dass der oder die Platzanweiserin einen guten Platz und gerecht in der Reihenfolge der Ankunft für uns besorgt. Alle sind gelöst, keiner regt sich auf oder geiert auf den Tisch am Fenster. Selbst wenn zehn oder fünfzehn Menschen vor uns sind, dauert es nicht lange, bis wir aufgerufen werden – natürlich mit dem Vornamen, wir sind in Amerika.

Das klappt immer und überall deshalb so reibungslos, weil der Durchlauf der Gäste sehr hoch und schnell ist. Und das ist die für uns Europäer dann etwas nervige Seite dieses Systems: sobald sich der Teller / das Glas leert, wird man gefragt, ob es noch etwas sein darf. Wenn man verneint, liegt auch sofort der „check“ die Rechnung auf dem Tisch mit der Bemerkung „take your time“, aber es bedeutet das genaue Gegenteil, dass man den Tisch nun zügig räumen sollte, denn da vorne am Eingang warten wieder acht oder zwanzig, die auch noch was essen wollen. Dann stehen wir Deutsche schon nach sehr kurzer Zeit wieder draußen auf der Straße und müssen überlegen, was wir mit dem Rest des Abends anfangen. Überall, wo man hingeht, wird man hinauskomplimentiert, sobald das Glas leer ist. Wenn man weiß, dass ein Bier um 6 $ und ein wirklich kleines Glas Wein mindestens 7 $, zuzüglich tax plus Trinkgeld dann 16 bis 17 Dollar kosten, wird man verstehen, dass das wirklich nicht ganz einfach ist.
Wir lernen bestimmt noch ein paar einheimische Tricks oder die richtigen Kneipen erkennen. Hoffentlich.

Genfood
In der schon erwähnten Lieblingskneipe hängt ein Plakat an der Tür „Businesses for Initiative 522 – Label genetically engineered Foods“. Wir waren geschockt, weil wir dachten, dass sogar dieses Lokal für Genfood wirbt. Aber die Internet-Recherche ergab, dass das Gegenteil der Fall ist, es wird für eine Kennzeichnungspflicht geworben. Zeigt, dass unser Englisch noch Lücken hat, und dass wir den „Amis“ erst mal wieder das Schlechte unterstellt hatten. So viel zum Thema Vorurteile und vorgefasste Meinungen.

Initiative Genfood Kennzeichnung

Was es kostet
Auf dem „Public Food Market“ an der Waterfront und in den Supermärkten werden hochwertige und hochpreisige Lebensmittel angeboten und auch gekauft, das Market-Areal ist immer voll, die Menschen stehen Schlange an den französischen, griechischen, italienischen, deutschen (bayrischen) Essständen und Spezialitätengeschäften. Das einheimische Obst wird wunderschön präsentiert und kostet mehr als bei uns, zumal ein amerikanisches Pfund nur etwa 450 Gramm wiegt. Da in diesem Land auch Obst und Gemüse viel größer sind als in Europa, ist man für 4 Nektarinen schnell 5 $ los.

Das einzige was uns bisher als sehr günstig auffiel, sind wunderschöne frische jahreszeitliche Blumensträuße, die dann entsprechend oft gekauft werden: in fast allen
Geschäften, Cafés, Restaurants, unserem Hotel stehen sie, immer frisch und man sieht ganz häufig Männer, Frauen, sogar Kinder mit einem eben erworbenen Blumenstrauß im Arm.
Mit Blumen können wir derzeit leider nicht so viel anfangen. Aber die Gelegenheit wäre günstig.

Abgesehen von dieser Ausnahme, erscheinen uns die Lebenshaltungskosten insgesamt recht hoch, was noch verstärkt wird durch die für uns mehr als gewöhnungsbedürftige Tatsache, dass nicht Endpreise angegeben werden, sondern man im Kopf fast überall noch ca. 9 % Steuer und im Restaurant noch einmal 15 bis 20 % Trinkgeld dazu rechnen muss. Man weiß also nie so genau, was kostentechnisch auf einen zukommt, wenn man einen Kauf erwägt.

Dasselbe gilt für den Non-Food-Sektor: es gibt viele Geschäfte, die sehr hochwertige Bekleidung anbieten. Das heißt, es gibt die Käufer dafür, und man sieht sie auch, die Geschäfte scheinen gut zu gehen. Eine Bluse, die mit 80 $ ausgezeichnet ist, kostet dann aber nicht achtzig, sondern knapp achtundachtzig Dollar.
Gleichzeitig kann man überall in den Straßen die vielen Menschen, die sich gar nichts mehr leisten können, nicht übersehen. Sie sind durch das Netz gefallen. Und es sind viel mehr als bei uns.

Lupita
Unsere Cleaning Lady heißt Guadalupe – „Lupita“ und wir sind uns schon richtig gegenseitig ans Herz gewachsen. Sie ist nun nicht mehr so verstört wie am Anfang, dass wir oft im Zimmer sind, wenn sie kommt. Wie sollten wir ihr auch erklären, weshalb wir in dieser tollen Stadt und bei diesem fabelhaften Wetter den ganzen Tag am Telefon oder am PC hängen? Wir werden jetzt umarmt, sie redet munter auf Spanisch, leider können wir ihr da nur begrenzt folgen. Wir haben aber verstanden, dass sie nicht nach Hause kann, die Familie besuchen, weil sie „sin papeles“ ist, ohne Papiere.

Da kommen uns die eigenen Sorgen eher klein vor. Und ich schaue mich mit neuen Augen in unserem Zimmer um: Nescafé, Kekse, Saft, Zigaretten, unsere mitgebrachten persönlichen Dinge, die Pflegemittel im Bad und vieles mehr. Für uns selbstverständlich, wir geben keinen Gedanken daran, aber alle diese Sachen kosten für sie wahrscheinlich ein Vermögen. Und sie muss täglich damit umgehen. Die Gäste reisen ab, in alle Welt, und sie kann nicht einmal auf Besuch nach Hause.

Beim Auschecken an der Rezeption sagen wir, wie gut sie für uns gesorgt hat in den zwei Wochen. Die Leute dort sind ebenfalls sehr sympathisch und immer hilfsbereit. Sie  erzählen uns, wieviel „crap“/ „Mist“ die Putzfrauen in ihrem Arbeitsalltag zu sehen bekommen. Das können wir uns schon denken, Busfahrer bekommen auch so einiges mit.

Tattoos
Viele Menschen sind hier stark tätowiert, die Frauen stehen den Männern in nichts nach, sie sind geschmückt an Armen, Beinen, im Genick, in der Achselhöhle! Jeder Quadratmillimeter scheint gefärbt.
Inzwischen hatte ich im Hafen von Tacoma in der Autowerkstatt die Gelegenheit, einen sympathischen Mechaniker Anfang dreißig nach den Tattoos zu fragen. Er trug einen Arbeitsoverall mit aufgekrempelten Ärmeln, beide Unterarme schwer tätowiert. Die Tattoos sind bleibend, nicht abwaschbar. Um meine Neugier, mein Interesse zu erklären, sagte ich ihm, dass es für uns ungewöhnlich sei, so viele tätowierte Menschen zu sehen, in Deutschland sei das bei weitem nicht so verbreitet wie hier. Das fand er wiederum merkwürdig. „Oh? Ist that so?! – Well, I have them all over“ und macht eine umfassende Bewegung um und über seinen ganzen Körper. Wie kann man sich so etwas antun? Man ist fürs Leben gezeichnet, das ist nicht wieder rückgängig zu machen. Und bald sieht es vielleicht auch nicht mehr so gut aus. Aber das alles traue ich mich nicht zu sagen. Um unserem Gespräch dennoch einen Abschluss zu geben, frage ich eher etwas hilflos, dass das doch furchtbar weh tun muss? „It hurts like hell – but it’s a good hurt!“

Panamericana

Beitrag von Ina Jander

In Anchorage

Wir sind in Anchorage, heute kommen unsere Gäste an, morgen startet unser Nordamerikateil.

Der Bus steht noch in Tacoma im Zoll. Es gäbe viel dazu zu sagen, und ich denke, Hans-Peter wird zu gegebener Zeit auch ganz schön viel dazu sagen.

Momentan sind viele Menschen damit beschäftigt, auf verschiedenen Ebenen und über viele unterschiedliche Kanäle, eine „Release“ des Busses aus dem Zoll zu erwirken.

Bis es soweit ist, geht unsere Tour nun mit einem angemieteten Fahrzeug an den Start. Der Bus ist zwar ein wichtiger Teil dieser Reise, aber auch nicht der einzige und auch nicht der Hauptdarsteller, jedenfalls nicht immer (Toli verzeih mir, aber es ist so!).

Die Landschaften und Gegenden, die wir durchfahren, die Naturparks und Städte, die wir besuchen werden, unsere Reisegäste, die vielen menschlichen Begegnungen unterwegs und nicht zuletzt die Begleitung durch unsere Leser, Freunde, Mitreisende, Familienangehörige und Busfans sind ebenso wichtige Bestandteile dieser Reise. Und immer wieder die unschätzbare Lern-Erfahrung, dass in fremden Ländern wirklich andere Sitten herrschen, dass wir herausgefordert sind, unsere Aufgeschlossenheit und Flexibilität und Toleranz auf die Probe gestellt werden. Man lernt auch, wie sehr die eigenen meist unbewussten Erwartungen die tatsächlichen Erfahrungen dann färben, ob man mit etwas klar kommt oder ob man es unmöglich und unzumutbar findet.

Der Flug nach Alaska war wunderbar: da wir erst am Vortag gebucht hatten, bekamen wir keine Plätze nebeneinander mehr, dafür hatten wir beide je einen Fensterplatz. Es hatte keine Wolkendecke oder nur ganz sporadisch, so dass man alles sehen konnte. Einen letzten Blick auf Mt. Rainier, der an diesem klaren Tag wieder majestätisch und unwirklich über der Ebene schwebte, Downtown Seattle, das plötzlich ganz klein schien, Discovery Park, an dem wir einen Nachmittag lang gewandert waren und der nun wirkte wie der Vorgarten eines mittelgroßen Hauses. Man sieht die quadratische Anordnung aller Ansiedlungen und versteht spätestens jetzt, dass für einen Amerikaner die Entfernungsangabe „just down two block“ im ganzen Land eine Größe ist, mit der er etwas anfangen kann.

Aus Flugzeugperspektive hört die Besiedelung nicht weit hinter Seattle bald auf und wir schauen auf bewaldete Inseln, Fjorde, auf den Gewässern winzige Schiffe, von so weit oben oft nur an der weißen Heckwellenspur zu erkennen, auf schneebedeckte Bergketten und kurz vor Anchorage dann viele Gletscher die in alle Richtungen fließen. Keine Straßen, keine Häuser, auf dem Meer keine Boote. Und dann schlängelt der erste Weg wieder durch das Grün oder einem Berghang entlang, und sehr schnell kommen noch welche aus anderen Richtungen dazu, Häuser und Bootsstege, und schon schaut man wieder auf die „Zivilisation“ hinab. Sehr interessant und spannend. Ganze andere Zusammenhänge erschließen sich mir.

Anchorage in Alaska ist für uns wieder kuriose Erfahrung. Dass auch hier Sommer ist, wissen wir natürlich, die Tour ist so geplant, dass wir immer im Sommer fahren. Trotzdem verbinde ich mit Alaska eher niedere Temperaturen, auch im Juli. Vorsichtshalber nehmen wir die Anoraks ins Handgepäck, man kann ja nicht wissen.

Ins Flugzeug steigen drei Männer im Holzfällerformat: groß, bärtig, kariertes Hemd, Jeans und breiter abgewetzter Ledergürtel, klobige Schuhe, flanellige Schildkappe und kein Handgepäck – so hab ich mir das vorgestellt. Aber nur diese drei entsprechen meinem Bild. Das Gros der Passagiere trägt ärmellose T-Shirts und Flipflops. Viele von ihnen wirken nicht wie Touristen, sondern wie Menschen, die nach Hause fliegen, die also genau wissen, was für Temperaturen sie erwarten. Und tatsächlich, in Anchorage ist es heiß! 84 grad Fahrenheit sagt mir der Taxifahrer, keine Ahnung wieviel das in Celsius ist, aber es fühlt sich an wie mindestens 28, ich bin viel zu warm angezogen. Nebenbei erzählt der Taxifahrer auch noch – er hat einen das Herz erwärmenden vertrauten mediterranen Akzent! – dass Alaska 700 Tausend Einwohner hat und 450 Tausend zugelassene Privatflugzeuge. Mehr als Autos. Er scheint zufrieden, denn wir sind gebührend und wirklich beeindruckt, bestimmt erzählt er das allen Touristen und erzielt immer diese Wirkung.

Unserem Reiseleiter Uli Lehmann kommt das etwas unverhältnismäßig vor, er recherchiert im Internet und meint, es könnte sein, dass man eine Null abstreichen sollte. Schade. Mir hat die Geschichte des Taxifahrers besser gefallen.

In Anchorage ist es nicht nur heiß sondern auch ewig hell, wir sitzen noch bis elf Uhr auf einer Terrasse mit Blick aufs Meer und merken gar nicht wie spät es schon ist, es fühlt sich an wie höchstens zwanzig Uhr.

Dafür sind wir kurz nach vier wieder wach, es ist schon so hell, daß im Hotel nebenan die Beleuchtung am Schriftzug ausgemacht wird.

In amerikanischen Hotels gibt es normalerweise kein Frühstück, man geht Frühstücken oder holt sich einen Kaffee „to go“ und irgendwas Süßes aufs Zimmer. Offiziell beginnt unsere Reise morgen, am 26. Juli. Wir sind schon 2 Tage eher da und müssen dafür in einem anderen Hotel unterkommen, unser Tourhotel ist ausgebucht. Dort wird es Frühstück geben. Hier in diesem auch, aber für uns Europäer echt gewöhnungsbedürftig – mal wieder! Es gibt Bagels und Toast und sogar einen Toaster, Butter, Marmelade, Philadelphiakäse, pappsüße Müslis, aber frische Milch. Leicht klebrige Muffins (find ich gut!) und Puddingschnecken, dazu Kaffee und Tee und mein Favourite: zwei Riesenpumpflaschen Coffeemate in den Geschmacksrichtungen „French Vanilla“ und „Hazelnut“ beide mit natural und artificial flavors. Schauderhaft.

Soweit alles ok, es ist nur sehr eng, jeder schmiert sich in einem Zweiquadratmeter Küchelchen seine Stulle bzw bewacht seinen Toast, dann stellt man sich irgendwo im Vorraum der Rezeption an die Wand, wo ein Bord für eben diesen Zweck angebracht ist und leider auch nur wenigen Menschen Platz bietet. Die deutsche Frühstücksgemütlichkeit leider weit und breit nicht in Sicht. Hier ist es ein Glück, dass die Amerikaner diesbezüglich nichts zu vermissen scheinen, sie bringen die Nahrungsaufnahme erstaunlich zügig hinter sich und sind auch schon wieder weg. So können wir Deutschen nun noch etwas gemütlich am Pseudotresen lehnen und uns Zeit lassen.

Bin gespannt, wie das in den anderen Hotels sein wird und welche lieben Angewohnheiten ich noch loslassen muss? Was ich eigentlich begrüße und als Lernerfolg beim Reisen verbuche, nur in der konkreten Situation fehlt mir gelegentlich diese Größe.

Übrigens ist jetzt 23:23 Uhr und es ist immer noch hell, die Sonne ist erst vor kurzem untergegangen.

In Seattle

Beitrag von Ina Jander

 waterfront

Da wir nun schon seit einer Woche hier sind, hatten wir auch Gelegenheit, die für unser Zimmer zuständige Cleaning Lady etwas kennen zu lernen. Sie kommt aus Puebla in Zentralmexiko und ihr Englisch ist nicht besser als unser Spanisch. Sie freut sich, dass wir wissen, dass es in Puebla ein grosses VW-Werk gibt. Daß wir aus Deutschland kommen findet sie „uii, muy lejos!“ –  sehr weit weg! Sie selbst ist hier in Seattle aber auch recht weit von daheim. Eine mittelamerikanische Cleaning Lady hätte uns in San Diego nicht gewundert, hier, so knapp unterhalb Kanadas, jedoch schon ein bisschen.

Neulich verbrachte ich einen ganzen Tag „draußen“, ich hatte ein großes Bedürfnis nach Natur. Seattle ist, wie wir schon schrieben, eine schöne und lebenswerte Stadt („the most livable city of the US“), viele Straßen sind von gut gepflegten Bäumen gesäumt. Sie hat auch eine traumhafte Umgebung, doch dafür muss man ins Auto steigen. In allen Städten, die wir auf der Seidenstraße besucht haben, gab es immer schöne angelegte und gepflegte Parks in jedem Viertel, so dass alle Menschen immer die Möglichkeit haben, sich im Grünen aufzuhalten und zu erholen. Selbst im Moloch Teheran findet sich für jeden in fußläufiger Entfernung eine Grünanlage, und sei sie noch so klein. Und diese Anlagen werden von den Menschen angenommen, sie sitzen dort, treffen Freunde, stärken sich mit einem Glas Tee oder picknicken gleich mit der ganzen Großfamilie.

Hier in Seattle gibt es das nicht, und wir haben für uns in fußläufiger Entfernung vom Hotel noch keinen direkten Zugang zum Wasser gefunden, obwohl wir keine 200 Luftlinie vom Meer entfernt wohnen. Die sogenannte „Waterfront“ besteht aus vielen Piers auf Pfählen, von denen einige für Restaurants genutzt werden.  Direkt dahinter führt die Stadtautobahn zweistöckig auf Pylonen und teilweise direkt am Wasser entlang, und eine erstaunliche große Zahl von Gebäuden in der ersten Reihe zum Wasser sind Parkhäuser!

Allerdings liegt nur 20 Gehminuten von unserem Hotel das Seattle Center: hier fand 1962 die Weltausstellung statt, das Gelände wurde im Laufe der Jahre zu einem Entertainment Center ausgebaut, hier finden viele Veranstaltungen statt und hier gibt es viel Grün. Und hier befindet sich die International Fountain!  Sie wurde vor über 50 Jahren für die Expo  als moderne Wasserskulptur geschaffen, 1995 neu gestaltet und ist ganzjährig in Aktion. Begleitet von sogenannter „Weltmusik“, die auf sie abgestimmt ist, durchläuft sie mit ihren vielen unterschiedlichen  Düsen mehrere Zyklen. Das klingt langweilig, ist es aber nicht. Die Menschen haben einen Riesenspaß mit ihr, Kinder und Erwachsene gleichermaßen, wie mit einem großen, gutmütigen, verspielten, lebendigen Wesen. Ich  konnte mich kaum losreißen, habe zugesehen, mit welcher Freude alle sich in ihrer Nähe aufhalten, mit welcher Spannung erwartet wird, welche Düsen wann und wo und wie heftig Wasser ausstoßen werden. Zum Schluß bleibt keiner trocken, selbst die Zauderer und Zuschauer vom Rand sind bald nass. Und die Musik, die aus vielen Lautsprechern kommt, gehört wirklich dazu, paßt wunderbar, ist Teil des Geschehens. Die Menschen kommen mit Picknicktaschen, Decken, der ganzen Familie und bestimmt haben alle trockene Kleidung zum Wechseln dabei und verbringen den Tag hier. Neben mir lagerte eine indisch-amerikanische Oma mit Tochter und kleiner Enkelin. Anscheinend kommen sie häufig her, die Oma bezog die Fountain wie eine anwesende Person ins Gespräch mit ein „oh look what the fountain does“  – „the fountain is quite wild today“ –  „oh, now it is all tired!“

Das ist ein richtig gutes Kunstwerk 🙂 – ich bin völlig verzaubert!

Seattle Fountain

http://www.seattlecenter.com/locations/detail.aspx?id=8 

Hier bei der Fountain, aber auch sonst überall und immer wieder in der Stadt fällt uns auf: erstens sind unglaublich viele Menschen großflächig und oft farbenprächtigst tätowiert, auch solche, bei denen man es eher nicht erwarten würde. Ich wüsste zu gerne, ob es sich dabei um bleibende oder eher temporäre (abwaschbare?) Kunstwerke handelt. Habe bisher noch nicht den Mut/die Gelegenheit gefunden, jemanden zu fragen.

Zweitens fällt auf, dass die Amerikaner offenbar ein anderes Temperaturempfinden haben als wir. Wenn wir in Jeans, Schuhen und Strümpfen und leichter Jacke nicht schwitzen, geht die Mehrzahl der Leute in Flipflops, kurzen Hosen/Röcken, Spaghettitops/Blüschen einher. Morgens beim Frühstück im Freien sitzen die Damen in leichtesten Kleidchen im frischen Morgenwind, und man sieht, daß sie nicht frieren!

Vielleicht sind wir in 4 Wochen, wenn wir durch Alaska und Kanada gefahren sind, und wieder in die USA einreisen, ebenso abgehärtet?

Ina

 

Randnotizen eines USA-Novizen

Beitrag und Fotos von Hans-Peter Christoph

Im Restaurant

Meine größte Befürchtung war, dass ich in den USA nichts zu essen bekomme.

Ich bin kein Freund von Fastfood, und bevor ich im Kettenlokal einen Hamburger esse, esse ich lieber gar nichts. Auf die Idee, dass es außer Fastfood-Lokalen auch ganz viele richtige Restaurants geben könnte, bin ich gar nicht gekommen. Aber ich hatte vor meiner ersten Chinareise auch geglaubt, Chinesen würden Fahrrad fahren und seien alle gleich gekleidet.

Zum Glück kann ich mich weiterbilden! So sind wir bereits einige Male richtig gut essen gewesen. In der Markthalle, drum herum, in der Stadt und unten am Wasser gibt es eine Vielzahl an Restaurants, die alles verarbeiten, was der Pazifik zu bieten hat. So kam ich bereits mehrfach in den Genuss von frischesten Austern, wobei mich dann die Frage, ob ich Tabasco dazu wolle, doch etwas befremdet hat. Wer Fisch und Meeresfrüchte mag, kommt hier voll auf seine Kosten! Darüber hinaus herrscht ein wildes Durcheinander an den verschiedensten Gerichten, ob es nun um Pasta geht, um Suppen oder Salat, um französische Patés oder um Fleischgerichte mit Gemüse. Meine Sorgen waren unbegründet. Dazu baut man hier im Staate Washington Wein an und aus, der teilweise ein richtiger Hochgenuss ist. Schön, sich durch die ganzen lokalen Produzenten probieren zu können, die vielen französischen, italienischen, chilenischen, australischen, spanischen oder deutschen Weine, die die Weinkarten dominieren, braucht es für mich nicht. Die kalifornischen auch noch nicht. Die trinken wir, wenn wir dort sind. Oder in Alaska …

Rauchen

Auch geraucht wird hier immer noch. Nicht in Lokalen, auch nicht, wenn die Tische im Freien stehen. Aber man sieht Raucher an der Bushaltestelle, man sieht Leute, die in ihren Autos rauchen, man sieht sie auf den Gehwegen und etwas entfernt in der Nähe von Eingängen zu Gebäuden, wenn darauf hingewiesen wird, dass der Eingangsbereich ein Sperrbezirk ist.

Dennoch lässt sich eine klare Nichtraucherpolitik ausmachen. Wenn ich hier im Hotelzimmer rauchen würde, müsste ich sofort 250 $ Strafe bezahlen, die „Reinigungskosten“ übernehmen und würde sofort rausfliegen. Dass ich darüber informiert bin, musste ich noch vor dem Einchecken unterschreiben.

Zeitung

Damit wir auch unterwegs informiert sind und nicht völlig abgehängt sind von dem, was in Freiburg läuft, haben wir ein digitales Abo für die Badische Zeitung. Damit lässt sich die gedruckte Ausgabe ab 22 Uhr MEZ auf’s iPad laden. Aufgrund des Zeitunterschiedes können wir dadurch hier bereits ab mittags 13 Uhr (in Deutschland ist es dann 22 Uhr) lesen, was morgen in der BZ steht. Witzig, heute schon einen Blick in die Zeitung von Morgen zu werfen.

Der Markt

Ein wahres Eldorado ist die Markthalle von Seattle! Sieben Tage die Woche geöffnet, mit allem, was Farmer, Fischer und Metzger zu liefern imstande sind, inklusive einem großen Angebot an Bioprodukten und aus nachhaltiger Fischerei. Eine Vielzahl an Lokalen und Geschäften der unterschiedlichsten Herkunftsnationen dieses Schmelztiegels haben sich in den Straßen darum herum etabliert. Im bayrischen Laden gab es gestern als Tagesessen Schnitzel mit Spätzle und Rahmsoße „to go“ oder zum dort essen, und alles, was  man bei uns z.B. im EDEKA findet, ob das Puddingpulver von Dr. Oetker ist, Schwarzwälder Schinken, eingelegte Gurken,  Rot- und Sauerkraut, Soßenpulver oder Ritter Sport Schokolade. Alles, was man nicht braucht, alles, außer Tannenzäpfle. Daneben ein italienischer Supermarkt mit sicher 20 verschiedenen Olivenölen und einer Wein-, Wurst- und Käsetheke, die manchem Großstadtladen in Italien zur Ehre reichen würde. Wirklich, man braucht hier nicht zu verhungern, wenn man keine Burger mag, aber auch nicht, wenn man auf den Italiener und den Deutschen verzichten kann.

Preisauszeichnung

Etwas befremdlich ist, dass meist nur Nettopreise angegeben sind. Sowohl im Supermarkt, im Kleidergeschäft oder im Spezialitätenladen, aber auch, wenn man schnell zwischendurch einen Kaffee trinkt. Immer kommt noch die Steuer dazu, evtl eine Servicecharge, im Restaurant wird außerdem noch ein Trinkgeld von 15- 18 % erwartet, so dass dort aus vermeintlich 20 $ schnell auch 30 $ werden und der Espresso nicht 2,50 sondern 3 $ kostet.

Interessant war, dass ich im Supermarkt, als ich eine Flasche Wein erstehen wollte, erst meinen Personalausweis vorzeigen musste. Auf meine Frage, ob man mir nicht ansehe, dass ich älter als 18 sei, meinte die Verkäuferin, die sicher nicht älter als meine jüngste Tochter war, dass sie zur Kontrolle verpflichtet sei. Welch ein Glück, dass ich meinen Pass dabei hatte!

Straßenverkehr

Zumindest hier in Seattle dominieren Klein- und Mittelklassefahrzeuge das Straßenbild. Viele Fiat 500 sind zu sehen, Minis, jede Menge Beetles, alle Arten an japanischen und koreanischen Klein- und Mittelklassefahrzeugen. Dazu kommen BMWs, Volvos, Mercedes und einige amerikanische Schlitten, die die Mittel- und Oberklasse dominieren, aber alles keine Monstertrucks oder Riesenlimousinen wie ich mir das ausgemalt hatte. Es sind auch nicht die neuesten Modelle, sondern alles scheint etwas in die Jahre gekommen, es sieht kaum anders aus als in Mitteleuropa, eher bescheidener. Natürlich gibt es Riesenautos und Riesen-SUVs, aber kaum mehr als bei uns. Ich komme nicht umhin, die Situation hier mit mit China vergleichen: Dort sind im Verhältnis viel mehr Riesenschlitten unterwegs als in Europa oder hier in Seattle.

Fahrradtransport im ÖPNV: Jeder Bus, egal ob er im reinen Stadtverkehr unterwegs ist, ob als Hybridbus, Oberleitungsbus oder mit Dieselmotor im Regionalverkehr über die Stadtgrenzen hinaus in die Städte der Umgebung, hat einen Fahrradständer! Und zwar vorne, so dass der Fahrer sieht, wenn sich jemand an der Haltestelle daran zu schaffen macht, denn die Benutzung übernimmt der Fahrgast selbst. Geniale Idee, super System, geht ganz leicht zu bedienen. Etwas unverständlich bei dem hiesigen Sicherheitsdenken ist mir allerdings, dass der Ständer tatsächlich vorne angebracht ist. Bei einem Unfall könnten gerade Fußgänger oder Rad- und Motorradfahrer durch die hervorstehenden Teile schwer verletzt werden.

Freundlichkeit

Die Menschen hier sind so freundlich, wie man das in Reiseführern liest. Das wirkt auch gar nicht aufgesetzt, sondern echt und ehrlich und wir hatten schon viele nette Begegnungen dadurch. Sei es beim Studium der Speisekarte, wenn man erklärt bekommt, wie etwas zubereitet wird, oder dass man gefragt wird, ob man noch heißes Wasser brauche, um den Tee erneut aufzugießen. Oder wenn man jemandem eine Frage stellt, sei es nach dem Weg, wann der Laden öffne oder schließe, wo man etwas Bestimmtes bekomme oder wie weit es bis da und dahin sei und welche Strecke die interessanteste… Oder als ich die Fotos von den Bussen mit Fahrradträgern machte: Ein Busfahrer sah meinen interessierten Blick an der Haltestelle, sprang heraus und demonstrierte mir ungefragt die Technik.

Die Menschen sind nicht nur freundlich, sie sind auch nicht so dick, wie ich mir das vorgestellt hatte. Natürlich gibt es diese ganz unglaublich dicken Menschen, aber die Mehrzahl ist absolut im Normalbereich. Interessant ist, dass man hier immer noch Wert darauf legt, sonnengebräunt zu sein, dabei dachte ich, diese Mode sei längst vorüber und die Menschen achteten auf die Gesundheit. Braungebrannte Menschen gibt es massenhaft und viel mehr, als der Titel von Seattle als „Rain City“ vermuten ließe. Die Zahl der Sonnenstudios erstaunt deshalb nicht. Für uns etwas ungewohnt, da wir aus China kommen, wo schneeweiße Haut das Nonplusultra ist und niemand auf die Idee käme, sich der Sonne auszusetzen, oder wenn es sein müsst, dann nur mit Sonnenhut, Sonnenschirm und dick eingecremt. Übrigens ist das Wetter hier sommerlich warm und trocken, die Sonne scheint, aber die Temperaturen überschreiten die 25 Grad nicht. In der Ferne sind im Südosten der 4000 m hohe Mount Rainier auszumachen und Richtung Westen die Olympic Mountains, die genau wie der Olymp in Griechenland mit Schnee bedeckt sind.

Schön, dass wir hier sind!