Nachtrag aus Teheran: Drei Begegnungen

von Estella

Allein unterwegs schaue ich fasziniert auf die Schneegipfel des Alborzgebirges, schieße zwei Fotos. Aus buchstäblich heiterem Himmel taucht ein Polizist vor mir auf und gebietet mit eindeutiger Geste: No photo! Zunächst begreife ich gar nicht, warum. Bis ich die Autos mit der Aufschrift „Police“ sehe. Oh je, darauf habe ich nicht geachtet. Ich weiß ja, Militär, Ministerien, Polizei dürfen nicht fotografiert werden… Und schon werde ich von zwei männlichen und zwei weiblichen Polizisten umringt, letztere mit heller Uniform unter dem schwarzen Chador. Eine von ihnen fordert mich auf, die Fotos auf dem Display zu zeigen. Glück gehabt: Die Sonne blendet, und so entdeckt sie „Police“ am unteren Bildrand nicht. Merkwürdig: Auf dem Rückweg lächelt mir die Polizistin, die mich in die Mangel genommen hat, verlegen freundlich zu. Vielleicht ist sie ja gar nicht so streng, wie sie im Dienst zu sein hat.

Im Golestan-Park sitze ich nachmittags auf einer Bank und lasse die Eindrücke aus den Prunkräumen nachwirken. Da spricht mich ein älterer Mann an, hocherfreut, dass er mit mir Deutsch sprechen kann. Er stellt sich als gelernter Schuhmacher für Damenschuhe vor und erzählt, er habe sieben Jahre Englisch studiert und lerne jetzt Französisch und Deutsch, jeden Tag komme er hierher, um von den Touristen zu lernen. Er hält mir sein viel gebrauchtes Schreibheft hin und bittet mich, die Ausdrücke aus unserem Gespräch aufzuschreiben, die neu für ihn sind, z. B. „Theaterpädagogik“, „Leidenschaft“, „Begabung“.

Unsere Lektion wird von einer jungen Frau unterbrochen, auch sie im schwarzen Chador, die sich schüchtern an meinen Gesprächspartner wendet. Dieser erhebt sich, und ich werde Zeugin einer Szene wechselseitiger Höflichkeitsbezeugungen: Beide verbeugen sich immer wieder voreinander, weisen einladend auf den Platz neben mir. Bei uns hätten wir ohne weiteres zu dritt nebeneinander sitzen können, nicht aber in Iran… Schließlich hat die junge Frau das Privileg des Sitzens angenommen. Sie stellt sich in tastendem Englisch als Touristikstudentin vor, sammelt Material für eine Umfrage und erkundigt sich nach dem Grund meiner Reise, nach meinem Bild von Iran, nach meiner Meinung zu den Menschenrechten hier, ob ich vorhabe, wiederzukommen. (Ihre Fragen beantworte ich diplomatisch, sie sind mir nicht neu, denn bereits an der Grenze sind wir so von einer offiziellen Behördenvertreterin  gefragt worden). Gefreut hat mich, dass ihr die Partnerschaft zwischen Isfahan und Freiburg bekannt zu sein schien!

Die „Unterrichtsstunde“ ist nach dem Aufbruch der Studentin nicht mehr so recht in Gang gekommen. Meine Konzentration hat nachgelassen, denn beim Blick auf die Uhr wird mir plötzlich klar: Der Park wird bald geschlossen, von den anderen keine Spur, und ich kenne den Rückweg zum Hotel nicht. Aber wer steht da wie herbei gezaubert am Tor, das bereits zu ist? Ina und Hans-Peter! Hastig verabschiede ich mich, wie ich es gelernt habe , mich verbeugend und dabei die rechte Hand aufs Herz legend –  mit schlechtem Gewissen gegenüber dem wissbegierigen Schuhmacher, der sich Tag für Tag in den Okzident träumt.

Estella

Abschied von der Seidenstraße

Text und Fotos von Jogi Meyer-Sieger

Nun ist es tatsächlich passiert:

der Rückflug von Almaty nach Frankfurt ist ebenso Vergangenheit wie die Avanti-Busreise auf dem ersten Teil der Seidenstraße

– ich sitze , noch etwas benommen von der Flut der zahllosen Eindrücke und Erlebnisse, vor dem heimischen PC in Freiburg und möchte mir immer wieder auch mit Hilfe der Fotos die vergangenen 5 Wochen in Erinnerung bringen:

Von dem Familienabend in Teheran füge ich noch 2 Bilder hinzu (Anmerkung der ‚Redaktion‘: die 2 Fotos sind nun auch im entsprechenden Beitrag eingefügt) – man mag es kaum glauben, wie „westlich“  sich viele Frauen innerhalb ihrer Wohnung kleiden und reden, wenn man kurz vorher durch die Straßen dieser Riesenstadt gegangen ist und nur verschleierte bzw. mit Kopftüchern verdeckte Haare gesehen hat (25.April 13)!

Vor der Freitagsmoschee in Taschkent / Usbekistan will ich mich verneigen, verliere das Gleichgewicht – und so sieht nun ein Kopfstand in Zentralasien aus (8.Mai 13)!

Dann schließlich der Abschied in Almaty / Kasachstan, mit Blick auf das in 1800 m Höhe gelegene Eisstadion , neben mir ein Einheimischer, der mit Freunden hier oben gerade die Erinnerung an seine Einschulung 1941 in Almaty mit Wodka (in der Kiste)  und Keksen gefeiert hat !  (11.Mai 13) Ich bin froh und dankbar, diese Reise mitgemacht zu haben – und wünsche allen weiterreisenden „Jungs und Mädels“ im Avanti-Bus eine gute Fahrt :  Lasst Euch Zeit,  mit offenen Augen Land und Leute zu sehen und zu erleben!

Ich denke an Euch,
Jogi Meyer-Sieger

Abschied in Almaty

von Lothar Schulz

Einmal musste er kommen, der Tag, an dem sich einige aus der Truppe verabschieden, um zurück in die Heimat zu fliegen. Nicht nur den Abreisenden, auch den Weiterreisenden fiel dieser Abschied sichtlich schwer. Haben wir doch 34 Tage lang eine tolle Gemeinschaft gebildet, was dazu beitrug, das Erlebte eben nicht nur zu erleben, sondern es zu genießen.
Der Mischmasch aus ernster, fundierter, solider Unterhaltung und spaßigen Beiträgen, Zwischenrufen oder netten Neckereien, die jeden mal trafen, führten ganz einfach dazu, daß jeder die Gemeinschaft in der Form akzeptierte, wie sie nun mal da war. Eines ist sicher, an diese Tage wird sich jeder immer gern erinnern und sie vielleicht auch vermissen.

Die Weiterreisenden grüßen Euch, die abgereisten “Jungs und Mädels“:

Estella, Gisela, Irma, Karla, Achim, Christian, Jogi, Mandy, Rene.

Es schrieb Lothar, im Namen aller, die Euch kennen lernen durften, weil Ihr mit Avanti fuhrt.

Erlebnisse in Taschkent

von Adelheid

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Ganz viel Glück für wenig Geld

In der Altstadt von Taschkent, müde von der Mittagshitze, erfüllt von den vielfältigen Eindrücken auf dem Basar, auf den Rückweg zum Bus; eine Unterführung, auf den Treppenstufen eine Waage mit einem kleinen handgeschriebenen Preisschild: 200 Sum, also ca. 8 Eurocent.

Ich gehe weiter, dann reizt es mich, dieses „Geschäft“ auszuprobieren, und ich kehre um. Die Besitzerin der Waage, eine Straßenkehrerin in blauer Schürze, kommt erfreut auf mich zu, lädt mich mit einer Handbewegung ein, auf die Waage zu steigen und – was sehen meine erstaunten Augen? Nach fast 5 Wochen mit wesentlich weniger Bewegung, aber sicher viel mehr „Zwischenmahlzeiten“ als sonst wiege ich samt Schuhen und Kleidung nur 47 Kilo!!! Jede Frau wird das Glücksgefühl nachempfinden können, das mich spontan durchströmte…, wenn  mir auch alsbald der nüchterne Verstand sagte, dass sich diese Waage um X (hier kann jeder, der mich kennt, eine beliebige Zahl einsetzen) Kilo geirrt haben musste. Ganz beschwingt ging ich Richtung Bus weiter und genehmigte mir glatt noch ein Eis.

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Die Polizei – dein Freund und Helfer

Beim abendlichen Spaziergang zum Theaterplatz in Taschkent ist eine zehnspurige Straße zu überqueren. Kühn will ich mich mitten unter die Autos stürzen, als ich einen  Polizisten erblicke, der den Verkehr zu regeln scheint. Brav warte ich ab, bis er die richtige Position einnimmt, und beginne die Überquerung. Leider bin ich wohl zu langsam, denn, ohne mich zu beachten, dreht er sich um und schon rollen die Autos auf mich zu und hupen, während ich an der dritten Fahrspur stehen bleibe. Das Hupen alarmiert den Polizisten, er dreht sich um, die Autos lassen mich bis zur Straßenmitte passieren und er fängt an zu schimpfen. Da ich nicht reagiere, schimpft er  ungeachtet meines gesetzten Alters immer weiter, bis ich schließlich sage: „I don`t understand you.“ Da wandelt sich blitzschnell seine Miene, er entschuldigt sich ganz offensichtlich und führt mich dann persönlich über die restlichen fünf Fahrspuren.

Abschied

Foto und Text von Achim Hudewentz

Kasachstan v. Achim Hudewentz

Taschkent wurde 1966 in weiten Teilen durch ein Erdbeben zerstört und danach im zeitgenössischem Stil wieder aufgebaut. So ähnelt die Stadt vielen anderen Städten der Welt und lässt nicht die Illusion aufkommen, hier zogen Kamelkarawanen durch die Straßen, Märchenerzähler berichteten von großen Abenteuern und Gaukler führten ihre Kunststücke vor. Daneben gibt es auch noch einen Altstadtbereich mit einem großen Basar, der meine Vorstellung schon eher bedient. Ich dachte mir, das ist eine gute Stadt, um eine Orient-Reise zu beginnen, aber nicht unbedingt ein krönender Abschluss nach Städten wie Istanbul, Isfahan, Buchara oder Samarkand.

Am nächsten Tag wollten wir die Grenze nach Kasachstan überqueren. Der zuerst angesteuerte Übergang war jedoch für Busse gesperrt, wir mussten einen weiten Umweg fahren. So erreichten wir erst um 23.30 Uhr unser Hotel in Taraz, ein Hotel, das eher nicht in edlen Reisemagazinen vorgestellt wird. Gut, das war jetzt zum Schluss zwar anstrengend, aber insgesamt war es eine tolle Reise, die morgen für mich zu Ende geht, und das ist gut so. Das war gestern.

Doch dann der heutige Tag! Wir fahren durch eine endlose hügelige Steppenlandschaft. Der Mohn steht in voller Blüte. Immer wieder sehen wir Pferdeherden ohne jede Einzäunung. Kleine Wege zweigen von der Straße ab. Wo mögen sie hinführen? Ein einsamer Hirte auf seinem Pferd gleicht John Wayne im Wilden Westen. An einem Rastplatz kaufe ich bei einer Frau dicke Wollpuschen.

Rechts begleitet uns das Himmelsgebirge mit seinen schneebedeckten Viertausendern. Dieses Gebirge wird meine ReisegefährtInnen auf ihrer Reise durch China noch lange begeistern.

Ich freue mich auf zu Hause, aber ich beneide auch diejenigen, die weiter dabei sind. Wehmütig denke ich, ab morgen kann ich ihre Erlebnisse nur im Blog und ihren Weg als GPS-Signal verfolgen. In Gedanken werde ich oft bei Euch sein!

Und im Winter werden mich die Puschen an diesen wunderbaren Tag erinnern.

Usbekistan, Usbekistan

von Lothar Schulz

Usbekistan, Usbekistan,
Was haben wir dir angetan,
Statt uns als Gäste zu begrüßen,
Trittst den Tourismus du mit Füßen.

Erst läßt du unsern Bus nicht rein,
Das fanden wir schon gar nicht fein,
Dann hälst du still, 3 Tage lang
Läßt uns beschaun, dein schönes Land,

Buchara hat begeistert uns,
Mit der Kultur und alter Kunst
Und dann die Perle, Samarkand,
Man selten etwas schön’res fand.

Zum Schluß komm’n wir dann nach Taschkent,
In deine Hauptstadt, die drauf brennt,
Das neue Kleid perfekt zu tragen,
Nur, mach nicht zu weit den Kragen.

Doch als wir dich verlassen wollen,
Fängst du wieder an zu grollen,
Der Übergang nach Kasachstan
War vorbenannt im Reiseplan.

Und im Antrag für das Visum,
Warum sagst du nichts, warum?
200 km müssen wir,
Umweg fahren, wegen dir.

Das war nicht gut Usbekistan,
Was hab’n wir dir nur angetan.

 

Empfang bei Karla

von Adelheid

Müde nach der Besichtigung so vieler herausragender Baudenkmäler, glücklich über das Wiedersehen mit dem roten Bus und satt nach der mittäglichen  Pilmeni-Suppe beschlossen Anke und ich auf das Abendessen weitgehend zu verzichten und stattdessen im nahen „Supermarket Orient“ nach etwas Essbarem zu fahnden. Anke schwebte eine fertige Salatmischung vor, ich suchte nach einem Joghurt. Anke hatte kein Glück, denn – ein gutes Zeichen – Salate werden offensichtlich immer nur frisch gemacht, ich fand außer einem Granatapfelsaft (sehr lecker!) ein Joghurt der Marke Danone, das neben Käse von Hochland (!) und anderen uns bekannten Artikeln im Kühlregal stand.

Anke versuchte es darauf  im angeschlossenen „City Burger“, bekam aber dank fehlgeschlagener Kommunikation statt eines Tomaten-Gurken-Salats einen Erbsen-Mayonnaise-Salat… (Heute Mittag klappte es aber schon besser!) So ausgerüstet rückten wir wieder im Hotel ein, erbaten uns einen Löffel und überlegten gerade, wo bzw. auf welchem Zimmer wir unser frugales Mahl zu uns nehmen sollten.

Da trafen wir auf  Karla, die an diesem Abend ebenfalls „fasten“ wollte. Spontan lud sie uns in ihren Salon ein, denn bei der Zimmerlotterie hatte sie diesmal das große Los gezogen: eine Suite mit Schlafzimmer (3 Betten), Badezimmer mit Bidet (ohne Wasser) und Wohnzimmer plus Balkon!

Nach einer Führung durch ihre Gemächer stellte Karla Weißwein im Waschbecken kalt, leerte Salzgebäck in einen Kristallpokal (Hoteleigentum), deckte den Tisch mit Gläsern und Servietten und servierte uns dann stilvoll den gekühlten Weißwein mit einem Frotteehandtuch. So ließen wir es uns gut gehen, sprachen über Gott und die Welt und vergaßen vollständig, dass wir uns in Samarkand im Orient  und nicht bei einem Damenkränzchen in Old Germany befanden.