Von Hans-Peter
Drei Polizisten
Die Seidenstraße in Zentralasien. In diesem Abschnitt eine schlechte Landstraße, die kaum Geschwindigkeiten über 50 km/h zulässt. Links und rechts gelegentlich ein heruntergekommenes oder verlassenes Gehöft. Sonntagnachmittag, relativ viel Verkehr, gelegentlich ziehen ältere Audis und Mercedes an uns vorbei und donnern über die Schlaglöcher, als führen sie über die Autobahn. Aber die drei Polizisten in dunkelgrüner Uniform, die neben ihren beiden Polizeifahrzeugen an einem Parkplatz stehen stehen, haben uns im Visier. Ein rot blinkender Schlagstock bedeutet anzuhalten. Unser Dolmetscher und ich steigen aus. Allseitiges Händeschütteln, die Polizisten zeigen ein Video, auf dem tatsächlich unser Bus daher gefahren kommt, und darunter die Anzeige: 61 km/h. Die Polizisten machen klar, dass dies eine Ortsdurchfahrt ist, wo wir freies Feld und Wiesen sehen … „Straff Straff“ (russisch, abgeleitet vom deutschen Wort „Strafe“) höre ich aus dem Gespräch heraus und vermute, dass die drei sicher viele Kinder in der Ausbildung haben, die es zu unterstützen gilt. Aber unser Dolmetscher bedeutet mir, nur nicht zu schnell zu sein mit dem Bakschisch und redet auf sie ein. Wir bewegen uns zur Landkarte, die auf dem Bus unseren Routenverlauf darstellt und zeigen ihnen, wo wir uns gerade befinden … Schließlich ermahnt mich einer der dreien, langsam zu fahren, Hände werden geschüttelt und wir sind entlassen. Ohne „Straff“.
Fünf Polizisten
Eine Stadt zwischen Buchara und Samarkand. Toli und ich sind alleine unterwegs, wir fahren der Gruppe hinterher, nachdem wir vier Tage auf die Zollabfertigung hatten warten müssen. Wir haben jede Menge Zeit. Eselskarren kommen uns am Fahrbahnrand entgegen, gelegentlich kreuzt ein Mopedfahrer, uralte LKWs aus Sowjetzeiten setzen sich ohne Ankündigung vom Seitenstreifen aus in Bewegung, eine alte Frau schiebt einen Leiterwagen, Pferde werden zum Viehmarkt getrieben. Links taucht ein großer Basar auf, bunt gekleidete Menschen schieben sich zwischen den Ständen entlang. Es dampft aus Garküchen und raucht vom Grill. Aus Lehmöfen zieht ein Zwiebel-Fleisch-Knoblauchduft herüber … Langsam rollen wir durch den Ort. Hinter einer Kreuzung stehen fünf Polizisten, winken uns heran. Toli und ich steigen aus, schütteln Hände. Dass wir zu schnell gefahren seien, versteht Toli, der etwas russisch spricht. Das hatte ich schon vermutet. Ganze 61 km/h waren wir schnell, und das mitten im Ort, sagen sie und zeigen uns eine Radarpistole, um ihre Behauptung zu untermauern. „Straff, Straff“ höre ich und zwinkere Toli zu, nicht zu schnell zu sein mit dem Bezahlen. Fünf Polizisten mit Kindern in der Ausbildung, das könnte teuer werden. Also biete ich allen eine Zigarette an, dann zeigen wir ihnen den Routenverlauf auf der Karte. Und während Toli seine Russischkenntnisse an die Männer bringt, stolz den Motor zeigt und eine Führung durch den Bus macht, lasse ich die Espressomaschine laufen. Schließlich stehen wir alle am Straßenrand, rauchen und trinken Kaffee. Die teure Ausbildung ihrer Kinder haben die fünf Polizisten vergessen.
Ein Polizist
Am Ende eines Dorfes steht ein einsamer Polizist im Schatten der Bäume. Als er uns heranrollen sieht, bewegt er sich zur Straßenmitte, winkt mit seinem Schlagstock. Ihn zu übersehen ist unmöglich. Also mache ich langsam und lasse die Scheibe herunter. Verwundert mustert er die Autonummer und den Bus. Vermutlich sind wir gerade mit 61 Sachen unterwegs und seine Kinder in der Ausbildung. Aber ich habe keine Lust auf eine Diskussion. Freundlich rufe ich ihm zu, dass wir jetzt nicht anhalten, sondern weiter fahren. Noch bevor er etwas begreifen kann, geht die Seitenscheibe hoch und wir düsen davon. Mit mindestens 61. Bis zu einem anderen Mal.