Fairbanks und Goldrausch

Beitrag von Ina Jander

Für zwei Tage waren wir in Fairbanks und damit am nördlichsten Punkt unserer Reise. Hier wurden in den Jahren 1902 bis 1904 bedeutende Goldfunde gemacht, die einen Goldrausch auslösten. Heute wird noch immer Gold gefunden. Auch wir wollen unser Glück versuchen und melden uns für eine Tour in einer alten Goldmine an.

Wir Frauen machten uns vorweg einige Gedanken über unsere Ausrüstung bzw. Bekleidung: Schuhe, die nass werden dürfen, schließlich sieht man in den Filmen die Goldgräber immer im Wasser stehen. Außerdem nicht die beste weiße Hose, man muß ja mit Schlamm und Schmutzwasser rechnen. Keine Handtasche, sondern lieber den Rucksack, wir werden bestimmt beide Hände frei brauchen. Die Männer scheinen diesbezüglich unbekümmert, sie treten wie immer an, in Ledersandalen und Turnschuhen. Hinderliche Taschen haben sie auch sonst nie dabei.

Die alte Goldmine liegt etwas außerhalb der Stadt und kommt uns recht abgelegen vor, irgendwo im Wald nördlich von Fairbanks, kaum Autos auf der Straße, wir denken schon, dass wir wohl die einzigen sein werden und ob es dann überhaupt stattfinden würde? Doch diese Sorge ist ganz unbegründet: auf einem Riesenparkplatz stehen schon sechs große Tourbusse und es ist noch Platz für hundert weitere.

Das Ganze ist super organisiert und sehr amerikanisch, alles sieht locker aus, und nichts ist dem Zufall überlassen. Wir werden in einen auf alt getrimmten Zug mit Holzbänken gesetzt, vorne eine kleine Dampflok mit Holzwagen, aber sie hat einen Dieselmotor, der wohl kaum der Euro-1-Norm entspricht, so wie die Abgase wabern.

Begrüßt werden wir im Zug von Jeff, er ist ein Countrysänger / Entertainer und überbrückt die Wartezeit, bis der Zug voll ist mit einer kurzen Ansprache, Späßen, Schwänken aus seinem Leben und Liedern von Jonny Cash. Jeder Waggon hat einen eigenen Monitor, die Lautsprechanlage ist fabelhaft gut, man hat das Gefühl, Jeff säße einem direkt gegenüber. Bald singen fast alle mit, die Amerikaner mit uns im Zug kennen und lieben das, sie sind begeistert und gehen voll mit. Unsere Reaktionen liegen zwischen staunender Faszination für diese professionelle Show, die so echt und aufrichtig daherkommt, und leichter Verstörung aus demselben Grund.

Während der etwa zwanzigminütigen Fahrt durch das historische Gelände („Historical Site“) erklärt uns Ray sehr gut und kenntnisreich die Geschichte des Goldrushs in und um Fairbanks und die unterschiedlichen Methoden der Goldgewinnung.

Ray ist schätzungsweise Ende dreißig, er ist wie alle anderen hier als Goldgräber in Latzhosen (eine Oshkosh, stellen alle Mütter unserer Gruppe fest), Bart und Schlapphut verkleidet. Im Sommer arbeitet er auf dieser aufgelassenen Mine schon seit 18 Jahren mit den Touristen, den Rest des Jahres und hauptberuflich ist er Lehrer an der Highschool von Fairbanks.

Zielpunkt der Bahnfahrt ist Gold Dredge 8, ein monströser eiserner Schwimmbagger. Als die Minen für den manuellen Abbau schon nach wenigen Jahren erschöpft waren, wurden ab 1920 hier in Fairbanks, aber auch im Yukon und Klondike Valley diese Schaufelbagger eingesetzt und der Abbau im großen Stil und sehr aufwendig betrieben, in Fairbanks bis 1964.

Um Gold zu waschen, müssen wir nicht im Wasser stehen: unter hohen luftigen Holzdächern sind viele parallel angeordnete Holztröge mit Bänken rechts und links aufgestellt. Die Gedanken, die wir Frauen uns bezüglich Ausrüstung und adäquater Kleidung gemacht hatten, waren also komplett überflüssig. Jeder Trog ist mit Wasser gefüllt und bietet mindestens 30 Personen Platz. Alle Besucher bekommen einen Metallteller, ein Säckchen mit goldhaltigem Kies und Steinen, dazu ein verschließbares Döschen für die erwartete Ausbeute – es ist an alles gedacht! Und von Ray eine Demonstration, wie man den Teller drehen und schütteln und durchspülen muss, damit am Ende das Gold übrig bleibt. Viele junge Leute gehen uns Ungeübten und Unbeholfenen zur Hand und am Ende hat jeder von uns ein paar der warmleuchtenden Goldplättchen am Tellerboden kleben. Auch wenn man sich über das Ganze eher amüsiert, ist man in diesem Moment doch stolz und freut sich.

Nun haben wir noch eine gute Stunde Zeit, uns das Gelände anzusehen, in Dredge Eight herumzukriechen, historische Goldwäscherutensilien zu fotografieren und den neu erworbenen Reichtum im unvermeidlichen und sehr großflächigen Gift Shop gleich wieder auszugeben.

Wieder am Parkplatz angekommen, erklärt uns Ray die „Alyeska Pipeline“, die gerade hier vorbeigeleitet wird und in starkem Kontrast zum historischen Goldgräberdrumherum steht. Die Pipeline führt von Prudhoe Bay ganz im Norden Alaskas 800 Meilen durch das ganze Land bis nach Valdez in der Nähe von Anchorage. Der Reichtum Alaskas generiert sich zu achtzig Prozent aus den Ölvorkommen, und man beteiligt die Bevölkerung indem es keine Einkommenssteuer gibt, zudem erhält jeder Einwohner jährlich eine prozentuale Gewinnbeteiligung. Ray bekam vergangenen Oktober elfhundert Dollar vom Staat überwiesen.

Bei der Weiterfahrt auf dem Alaska Highway von Fairbanks über Delta Junction und Tok nach Dawson City in Kanada sieht man immer wieder an den Flüssen Männer, die auch heute noch nach Gold waschen. Ob das eine Freizeitaktivität wie Angeln ist oder doch ernsthaft betrieben wird? Die einen stehen tatsächlich im Fluss und schwenken eine Goldgräberpfanne, so wie wir uns das vorgestellt hatten. Andere haben sich einfache aber motorbetriebene und wasserüberspülte kleine Förderbänder konstruiert, wieder andere haben sogar mehrere Bagger auf dem Gelände stehen. Das sieht nicht mehr nach Spaß aus. Und als wir unseren einheimischen Fahrer Chris fragen, ob man sich einfach da irgendwo mit einer Goldgräberpfanne ans Ufer stellen und ebenfalls mitmachen dürfe, rät er ab, wir würden vermutlich mit einer „loaded  shotgun“ begrüßt werden. Also wirklich kein Spaß.

 

Ausflug zum Denali-Park

Beitrag von Iris Pfitzer-HeineIris 1

Halt! Stop! Unser Bus wurde  auf dem Weg zum Denali-Nationalpark plötzlich angehalten von einer Person mit roter Flagge, einem sogenannten „flagman“.In unserem Fall war dieser „flagman“ aber eine bildhübsche junge „flaglady“, die uns darüber informierte, dass wir ca. zehn Minuten warten müssten wegen Straßenarbeiten. Wie alle Amerikaner schalteten wir brav den Motor aus und warteten. Nach gefühlten zwei Stunden wurde die Sperrung aufgehoben, die „flaglady“ zeigte ihre grüne Seite und wir wurden von einem „pilotcar“ durch die Baustelle gelotst. Diese „pilotcars“ sind Pick-ups mit jeder Menge Warnblinken auf dem Dach, und sie sorgen dafür, dass den Autofahrern auf dem Weg durch die Baustelle nichts passiert. Einmal mehr wird damit dem Sicherheitsdenken der Amerikaner Genüge geleistet. Ein letztes Winken von und zu unserer blonden „flaglady“, und wir hatten die Hürde passiert.

Der Denalipark selbst war ein Erlebnis der besonderen Art. Da war zunächst einmal Anna, die unseren Shuttle-Bus innerhalb des Parks fuhr. Wer Anna nicht kennt hat wirklich was verpasst! Sie begrüßte und unterhielt die Fahrgäste auf eine unnachahmliche Weise und war dabei Showmaster, Entertainer, Guide und Busfahrerin in einem. Sie redete ohne Punkt und Komma mit vollem Einsatz von Mimik und Gestik, und animierte uns Passagiere immer wieder zu Beifallskundgebungen.

Yeah, Anna, you really got it!!!

Das, was wir eigentlich auf dieser Fahrt erleben wollten, nämlich das „American wildlife“, kam aber keinesfalls zu kurz. Mit ungläubigem Staunen hingen wir an den Busfenstern, um Grizzly-und Braunbären, mehrere Karibus, einen Elch, einen Fuchs und mehrere dollsheep mit unseren Fotoapparaten festzuhalten. Obwohl die Tiere dort im Park in freier Wildbahn leben schien es fast so, als hätten sie sich extra eingefunden, um uns zu begrüßen.

Müde, aber glücklich, kamen wir mit einer Ausbeute an einmaligen Fotos zurück zu unserer Lodge, und konnten aus vollem Herzen sagen:

„Yeah, we got it!!!“

Bear

 

Anreise zur Panamericana

Beitrag und Bilder von Marina Pfaff

Flug nach Anchorage

Am Donnerstag, den  25.07. bin ich hier in Anchorage gelandet. Es war ein sehr angenehmer und kurzweiliger Flug, mit fantastischem Ausblick auf Fjorde, Gletscher und das Eismeer.

Ein bisschen mulmig war mir schon nach der Landung. Werde ich ungehindert durch den Immigrations-Bereich kommen? In Frankfurt bei der Abreise verursachte ich einen Stau am Check- In Schalter. Ich konnte weder ein Flugticket, noch ein Schiffsticket vorweisen, mit dem ich die USA wieder verlasse. Mein Rückflugticket ist auf Panama City – Frankfurt ausgestellt. Alle Unterlagen, die ich hatte und die deutlich machen, dass ich mit dem Bus das Land wieder verlasse, zählten nicht.
Mein Sohn, der mich zum Flughafen begleitet hat, fragte die Dame am Schalter, was ich denn nach Ihrer Meinung noch hätte vorweisen sollen, denn ich verlasse nun mal das Land nur mit dem Bus. Daraufhin meinte sie:“ Das sind eben die rules in USA“. Ich hätte mir ein Flug -oder Schiffsticket für die Ausreise kaufen können und hätte das danach wieder stornieren können. Unglaublich!

Nach unendlichen Minuten und vielen Telefonaten kam ein netter, dunkelhäutiger amerikanischer Officer und hat sich meiner angenommen. Er ist dann mit allen Unterlagen samt Schreiben und Prospekten von Avanti, meinem Pass und Nachweis, dass ich von Panama wieder zurückfliege, verschwunden. Vorher hatten wir meinen Koffer wieder vom Band geholt und ich habe vor der wartenden Schlange in demselben nochmals nach Unterlagen gesucht, die eventuell noch zur Beweisführung, dass ich die USA wieder verlasse, beitragen  könnten. Nach gefühlten 30 Minuten kam der Officer endlich zurück und ich werde dieses freundlich nickende: „Everything okay Ma’am“! so schnell nicht vergessen. Ich hätte ihn umarmen können! Ich bin dann auch ganz schnell durch die Kontrolle gegangen, um sicher zu sein, dass sich nicht noch irgendwelche Dinge in meinem Handgepäck befinden, welche das soeben erhaltene „okay“ wieder in Frage stellen.
Doch hier bei der Ankunft in Anchorage war zum Glück alles anders. Nach einer Stunde war ich mit meinem Gepäck durch den Zoll.
Ich hatte mich auf kühles Wetter eingestellt. Doch wie Ina in ihrem Bericht schon schrieb, wurden wir mit Sommertemperaturen empfangen. Im Hotel angekommen wurde ich schon am Eingang von Ina begrüßt. Doch da stand noch eine Dame dabei, die ich schon in Frankfurt beim Boarding und im Flugzeug gesehen habe. Es war Hilde. Wir sind zusammen geflogen, wussten jedoch nichts voneinander.
Nun kann das Abenteuer Panamericana beginnen! Durch die andere Zeitzone hatte ich den Donnerstagnachmittag noch vor mir. Wir nutzten die Zeit für einen Bummel durch die Stadt.

Erste Eindrücke hat Ina mit Bildern bereits vermittelt. Ergänzend hier noch ein paar Impressionen aus der Stadt mit den kurzen Nächten.

 

Die kleinen Unterschiede…

Beitrag von Hilde Louis

Amerika ist anders: natürlich –  die Landschaft – weit – grandios, aber auch in kleinen Dingen sind das Land und seine Menschen anders. Die Straßen sind breit und doch fahren die Autos recht langsam. Eine Straße zu überqueren, ist auch ohne Ampel kein Problem. Steht man dann mal an einer Fußgängerampel, dann funktioniert das so:  Stop – das ist eine große rote Hand, Gehen –  da erscheint eine weiße Person und die wird wiederum von einer roten Hand abgelöst, zusätzlich laufen aber jetzt die Sekunden von 13 bis 0. Da hat man gemächlich Zeit, die Straße zu überqueren. Seit einer Woche sind wir nun in Alaska. Hier gibt es den leckersten Fisch. Wer will, kann jeden Abend „Salmon“ speisen, er schwimmt ja sozusagen an der Haustür vorbei. Setzen wir uns dann abends an einen Tisch -natürlich nach „wait to be seated“, stehen sofort randvoll gefüllte Wassergläser mit viel Eis auf dem Tisch. Auch beim Frühstück gibt es diese großen eiskalten Wassergläser, dazu nicht weniger kalten Fruchtsaft – was immer das Herz begehrt: Orange, Pink Grapefruit, Pineapple, Cranberry.  Und dann kommt der Kaffee, der richtig gut schmeckt. Der Waiter gießt den Kaffee in die recht große Tasse randvoll und mit Schwung ein.  Hat man gerade zwei Schluck getrunken, füllt er schon wieder nach: Madam, would you like some more coffee? Es ist ja noch früh am Morgen, man ist noch nicht so richtig wach und antwortet : Yes, please. Und dann kommt im breitesten amerikanisch „Madam, you got (gaat – ausgesprochen) it. Die kleinen Dialoge machen Spaß, es ist soviel Höflichkeit, Freundlichkeit damit verbunden. Das ist wohltuend, mag diese Freundlichkeit manchem auch oberflächlich erscheinen.

Grüße aus Alaska, Hilde Louis

Gruß aus Alaska

Beirag von Ina und Hans-Peter

Liebe Leute,

Ihr alle habt mitbekommen, dass wir  – was unseren Bus betrifft – noch nicht so weit sind wie wir wollen. Einige von Euch können sich vorstellen, was alles damit verbunden ist an Arbeit, Gedanken, Sorgen, Aufwand und auch Enttäuschung. Deshalb freuen wir uns sehr über die Kommentare hier im Blog und die Mut machenden Emails, die uns erreichen!
Das tut in dieser Situation so gut! Danke Euch allen!

Ina und Hans-Peter

Nachtrag Seattle

Beitrag Ina Jander

Nachtrag zu Seattle

An unserem zweiten Samstag in Seattle waren wir im Discovery Park im äußerstem Westen der Stadt, ca. 11 Meilen nördlich von Downtown. Ein ehemaliges Militärgelände (Fort Lawton), das an die Stadt zurückgegeben wurde und seit den Siebzigern als geschütztes und gepflegtes Natur- und Naherholungsgebiet den Seattleites zur Verfügung steht. Der größte Park der Stadt, mit fast  20 km Wanderpfaden, die durch alte Baumbestände, über Wiesen, an Klippen und am Strand entlang führen. Der Park ist ein Refugium für 270 Vogelarten und wenn man Glück hat, bekommt man am Eliott Bay oder Shilshole Bay Seehunde und/oder Seelöwen zu Gesicht. Am westlichsten Ende des Parks und der Stadt überhaupt steht ein altes Lighthouse, das noch in Armeebesitz ist.  Es gibt Picknickplätze, naturkundliche Führungen und ein reichhaltiges Angebot der Natur angepaßten Aktivitäten für alle Altersgruppen.

Das „Daybreak Star Cultural Center of the United Indians of all Tribes“ hat seinen Sitz im Park und gilt als städtische Basisorganisation für alle Native Americans in the Seattle Area.

Als wir dort waren, fand ein großes Pow-Wow statt. Ob das eine ernsthafte Angelegenheit der Indianer oder eine reine Touristenattraktion war, haben wir nicht herausgefunden, der Andrang auf dem Parkplatz war enorm, uns stand der Sinn nach Grün und Abgeschiedenheit, deshalb wählten wir einen anderen Ausgangspunkt. Auf unserem Rückweg Stunden später waren aber im Wald Trommeln und Gesänge zu hören, wie wir sie aus den alten Western kennen.

Wir hatten einen schönen Tag im Grünen, mit wunderbaren Ausblicken auf die Olympic Mountains, die zwischen Seattle und dem Pazifik liegen, und auf Mount Rainier im Süden, der riesengroß, schneebedeckt und wie vom Boden gelöst im Süden über allem zu schweben scheint.
Eigentlich heißt der Berg bei den Einheimischen „Tahoma“, aber als Captain Georg Vancouver im späten 18 Jh. diesen Berg als erster Weißer sah, nannte er ihn kurzerhand nach seinem Freund Admiral Peter Rainier. Es würde mich interessieren, ob dieser Admiral Rainier dem Berg jemals nahe gekommen ist.

Toll ist, dass hier überall versucht wird, alle Plätze auch für Rollstuhlfahrer zugänglich zu machen, sie bekommen unkompliziert Sondergenehmigungen, um an bestimmte Plätze mit dem Auto zu fahren, es wird aber auch darauf hingewiesen, welche Strecken und Orte für sie nicht oder nur schwer zugänglich sind und erklärt, weshalb es nicht möglich ist. Es gibt überall Rampen und Parkplätze und ganz selbstverständlich WCs, die NICHT verschlossen sind.

Zurück in der Stadt, lernten wir am Abend Beth kennen, eine feine Dame Anfang sechzig, sie saß in unserer „Lieblingskneipe“ am Nebentisch. Hier kommt man ganz leicht mit Menschen ins Gespräch und es ist dann nicht zäh und mühsam, sondern einfach nett. Es gab keinen Grund, Beth auf ihre Frage, was wir hier in Seattle tun, nicht die Geschichte unserer Weltreise zu erzählen. Sie war begeistert und wusste so unglaublich gut Bescheid über alle Länder auf der Seidenstraße, dass wir sie fragten, wann und wie oft sie denn schon dort unterwegs gewesen sei. Leider noch gar nie, aber es sei ihr Traum und sie lese eben viel darüber und verpasse keine Dokumentation und keinen Film zum Thema.

Ganz untypisch – jedenfalls wenn man unser immer noch existentes vorgefertigtes Bild von „den Amerikanern“ zugrunde legt – besitzt Beth kein Auto, geht viel zu Fuß („two miles are just nothing“) oder nützt den Public Transport, der allerdings seit vergangenem Herbst nicht mehr so ist wie früher. Bis vor einem halben Jahr konnte man im Innenstadtbereich umsonst die Stadtbusse nutzen und für Besucher gab es eine Art Mehrtages-Citypass mit diversen Vergünstigungen. Das alles gibt es seit kurzem nicht mehr, denn ein Politiker auf Stimmenfang versprach die Abschaffung einer bestimmten Steuer, die jedoch genau diese großzügigen Angebote der Stadt alimentierte. Seither ist das ganze System in einer Abwärtspirale: da nun kostenpflichtig, fahren weniger Leute mit dem Bus, und weil jetzt die Auslastung so gering ist, werden immer mehr Linien eingestellt usw. – ad absurdum.

Diese Praktik kennen wir bei uns auch: Etwas Wertvolles für Stadt, Bürger, Besucher und das Qualitätsklima der Stadt wird mutwillig zerstört, weil sich ein Politiker kurzsichtig und verantwortungslos mit seinen Versprechen einen persönlichen Vorteil verschafft. Unser Rezeptionist im Hotel bestätigt diese Geschichte in allen Einzelheiten.

Zum Schluss noch ein paar Sätze zu Dingen, die uns hier aufgefallen sind:

Radfahren
Es gibt in Seattle viele Radfahrer, nicht so viele wie in Freiburg, aber viel mehr als erwartet. Die Stadt ist viel hügeliger als Freiburg, die Straßen steigen oft unglaublich steil an. Hier sind auch die Polizisten per Rad unterwegs, dazu eine Art Securitydienst, meist recht stämmige Männer, die man eher nicht auf einem Rad vermutet. Sie fahren durch Parks und sensible Gegenden und schauen nach dem Rechten. Die großen Straßen haben alle breite und gut markierte Radstreifen, bei Einbahnstraßen sind die Radstreifen oft auf beiden Seiten angebracht.

Im Restaurant
Wenn man ins Restaurant geht, stürmt man hierzulande nicht auf den nächsten freien Platz oder Tisch, man bekommt ihn zugewiesen. „Please wait to be seated“. Wenn man das nicht kennt, mag man sich gegängelt vorkommen  – „warum darf ich mich nicht hinsetzen, wo ich will?!“ Aber das System ist ziemlich gut, jemand anderer übernimmt die Suche für uns, wir können ganz entspannt warten, im Vertrauen, dass der oder die Platzanweiserin einen guten Platz und gerecht in der Reihenfolge der Ankunft für uns besorgt. Alle sind gelöst, keiner regt sich auf oder geiert auf den Tisch am Fenster. Selbst wenn zehn oder fünfzehn Menschen vor uns sind, dauert es nicht lange, bis wir aufgerufen werden – natürlich mit dem Vornamen, wir sind in Amerika.

Das klappt immer und überall deshalb so reibungslos, weil der Durchlauf der Gäste sehr hoch und schnell ist. Und das ist die für uns Europäer dann etwas nervige Seite dieses Systems: sobald sich der Teller / das Glas leert, wird man gefragt, ob es noch etwas sein darf. Wenn man verneint, liegt auch sofort der „check“ die Rechnung auf dem Tisch mit der Bemerkung „take your time“, aber es bedeutet das genaue Gegenteil, dass man den Tisch nun zügig räumen sollte, denn da vorne am Eingang warten wieder acht oder zwanzig, die auch noch was essen wollen. Dann stehen wir Deutsche schon nach sehr kurzer Zeit wieder draußen auf der Straße und müssen überlegen, was wir mit dem Rest des Abends anfangen. Überall, wo man hingeht, wird man hinauskomplimentiert, sobald das Glas leer ist. Wenn man weiß, dass ein Bier um 6 $ und ein wirklich kleines Glas Wein mindestens 7 $, zuzüglich tax plus Trinkgeld dann 16 bis 17 Dollar kosten, wird man verstehen, dass das wirklich nicht ganz einfach ist.
Wir lernen bestimmt noch ein paar einheimische Tricks oder die richtigen Kneipen erkennen. Hoffentlich.

Genfood
In der schon erwähnten Lieblingskneipe hängt ein Plakat an der Tür „Businesses for Initiative 522 – Label genetically engineered Foods“. Wir waren geschockt, weil wir dachten, dass sogar dieses Lokal für Genfood wirbt. Aber die Internet-Recherche ergab, dass das Gegenteil der Fall ist, es wird für eine Kennzeichnungspflicht geworben. Zeigt, dass unser Englisch noch Lücken hat, und dass wir den „Amis“ erst mal wieder das Schlechte unterstellt hatten. So viel zum Thema Vorurteile und vorgefasste Meinungen.

Initiative Genfood Kennzeichnung

Was es kostet
Auf dem „Public Food Market“ an der Waterfront und in den Supermärkten werden hochwertige und hochpreisige Lebensmittel angeboten und auch gekauft, das Market-Areal ist immer voll, die Menschen stehen Schlange an den französischen, griechischen, italienischen, deutschen (bayrischen) Essständen und Spezialitätengeschäften. Das einheimische Obst wird wunderschön präsentiert und kostet mehr als bei uns, zumal ein amerikanisches Pfund nur etwa 450 Gramm wiegt. Da in diesem Land auch Obst und Gemüse viel größer sind als in Europa, ist man für 4 Nektarinen schnell 5 $ los.

Das einzige was uns bisher als sehr günstig auffiel, sind wunderschöne frische jahreszeitliche Blumensträuße, die dann entsprechend oft gekauft werden: in fast allen
Geschäften, Cafés, Restaurants, unserem Hotel stehen sie, immer frisch und man sieht ganz häufig Männer, Frauen, sogar Kinder mit einem eben erworbenen Blumenstrauß im Arm.
Mit Blumen können wir derzeit leider nicht so viel anfangen. Aber die Gelegenheit wäre günstig.

Abgesehen von dieser Ausnahme, erscheinen uns die Lebenshaltungskosten insgesamt recht hoch, was noch verstärkt wird durch die für uns mehr als gewöhnungsbedürftige Tatsache, dass nicht Endpreise angegeben werden, sondern man im Kopf fast überall noch ca. 9 % Steuer und im Restaurant noch einmal 15 bis 20 % Trinkgeld dazu rechnen muss. Man weiß also nie so genau, was kostentechnisch auf einen zukommt, wenn man einen Kauf erwägt.

Dasselbe gilt für den Non-Food-Sektor: es gibt viele Geschäfte, die sehr hochwertige Bekleidung anbieten. Das heißt, es gibt die Käufer dafür, und man sieht sie auch, die Geschäfte scheinen gut zu gehen. Eine Bluse, die mit 80 $ ausgezeichnet ist, kostet dann aber nicht achtzig, sondern knapp achtundachtzig Dollar.
Gleichzeitig kann man überall in den Straßen die vielen Menschen, die sich gar nichts mehr leisten können, nicht übersehen. Sie sind durch das Netz gefallen. Und es sind viel mehr als bei uns.

Lupita
Unsere Cleaning Lady heißt Guadalupe – „Lupita“ und wir sind uns schon richtig gegenseitig ans Herz gewachsen. Sie ist nun nicht mehr so verstört wie am Anfang, dass wir oft im Zimmer sind, wenn sie kommt. Wie sollten wir ihr auch erklären, weshalb wir in dieser tollen Stadt und bei diesem fabelhaften Wetter den ganzen Tag am Telefon oder am PC hängen? Wir werden jetzt umarmt, sie redet munter auf Spanisch, leider können wir ihr da nur begrenzt folgen. Wir haben aber verstanden, dass sie nicht nach Hause kann, die Familie besuchen, weil sie „sin papeles“ ist, ohne Papiere.

Da kommen uns die eigenen Sorgen eher klein vor. Und ich schaue mich mit neuen Augen in unserem Zimmer um: Nescafé, Kekse, Saft, Zigaretten, unsere mitgebrachten persönlichen Dinge, die Pflegemittel im Bad und vieles mehr. Für uns selbstverständlich, wir geben keinen Gedanken daran, aber alle diese Sachen kosten für sie wahrscheinlich ein Vermögen. Und sie muss täglich damit umgehen. Die Gäste reisen ab, in alle Welt, und sie kann nicht einmal auf Besuch nach Hause.

Beim Auschecken an der Rezeption sagen wir, wie gut sie für uns gesorgt hat in den zwei Wochen. Die Leute dort sind ebenfalls sehr sympathisch und immer hilfsbereit. Sie  erzählen uns, wieviel „crap“/ „Mist“ die Putzfrauen in ihrem Arbeitsalltag zu sehen bekommen. Das können wir uns schon denken, Busfahrer bekommen auch so einiges mit.

Tattoos
Viele Menschen sind hier stark tätowiert, die Frauen stehen den Männern in nichts nach, sie sind geschmückt an Armen, Beinen, im Genick, in der Achselhöhle! Jeder Quadratmillimeter scheint gefärbt.
Inzwischen hatte ich im Hafen von Tacoma in der Autowerkstatt die Gelegenheit, einen sympathischen Mechaniker Anfang dreißig nach den Tattoos zu fragen. Er trug einen Arbeitsoverall mit aufgekrempelten Ärmeln, beide Unterarme schwer tätowiert. Die Tattoos sind bleibend, nicht abwaschbar. Um meine Neugier, mein Interesse zu erklären, sagte ich ihm, dass es für uns ungewöhnlich sei, so viele tätowierte Menschen zu sehen, in Deutschland sei das bei weitem nicht so verbreitet wie hier. Das fand er wiederum merkwürdig. „Oh? Ist that so?! – Well, I have them all over“ und macht eine umfassende Bewegung um und über seinen ganzen Körper. Wie kann man sich so etwas antun? Man ist fürs Leben gezeichnet, das ist nicht wieder rückgängig zu machen. Und bald sieht es vielleicht auch nicht mehr so gut aus. Aber das alles traue ich mich nicht zu sagen. Um unserem Gespräch dennoch einen Abschluss zu geben, frage ich eher etwas hilflos, dass das doch furchtbar weh tun muss? „It hurts like hell – but it’s a good hurt!“

Panamericana

Beitrag von Ina Jander

In Anchorage

Wir sind in Anchorage, heute kommen unsere Gäste an, morgen startet unser Nordamerikateil.

Der Bus steht noch in Tacoma im Zoll. Es gäbe viel dazu zu sagen, und ich denke, Hans-Peter wird zu gegebener Zeit auch ganz schön viel dazu sagen.

Momentan sind viele Menschen damit beschäftigt, auf verschiedenen Ebenen und über viele unterschiedliche Kanäle, eine „Release“ des Busses aus dem Zoll zu erwirken.

Bis es soweit ist, geht unsere Tour nun mit einem angemieteten Fahrzeug an den Start. Der Bus ist zwar ein wichtiger Teil dieser Reise, aber auch nicht der einzige und auch nicht der Hauptdarsteller, jedenfalls nicht immer (Toli verzeih mir, aber es ist so!).

Die Landschaften und Gegenden, die wir durchfahren, die Naturparks und Städte, die wir besuchen werden, unsere Reisegäste, die vielen menschlichen Begegnungen unterwegs und nicht zuletzt die Begleitung durch unsere Leser, Freunde, Mitreisende, Familienangehörige und Busfans sind ebenso wichtige Bestandteile dieser Reise. Und immer wieder die unschätzbare Lern-Erfahrung, dass in fremden Ländern wirklich andere Sitten herrschen, dass wir herausgefordert sind, unsere Aufgeschlossenheit und Flexibilität und Toleranz auf die Probe gestellt werden. Man lernt auch, wie sehr die eigenen meist unbewussten Erwartungen die tatsächlichen Erfahrungen dann färben, ob man mit etwas klar kommt oder ob man es unmöglich und unzumutbar findet.

Der Flug nach Alaska war wunderbar: da wir erst am Vortag gebucht hatten, bekamen wir keine Plätze nebeneinander mehr, dafür hatten wir beide je einen Fensterplatz. Es hatte keine Wolkendecke oder nur ganz sporadisch, so dass man alles sehen konnte. Einen letzten Blick auf Mt. Rainier, der an diesem klaren Tag wieder majestätisch und unwirklich über der Ebene schwebte, Downtown Seattle, das plötzlich ganz klein schien, Discovery Park, an dem wir einen Nachmittag lang gewandert waren und der nun wirkte wie der Vorgarten eines mittelgroßen Hauses. Man sieht die quadratische Anordnung aller Ansiedlungen und versteht spätestens jetzt, dass für einen Amerikaner die Entfernungsangabe „just down two block“ im ganzen Land eine Größe ist, mit der er etwas anfangen kann.

Aus Flugzeugperspektive hört die Besiedelung nicht weit hinter Seattle bald auf und wir schauen auf bewaldete Inseln, Fjorde, auf den Gewässern winzige Schiffe, von so weit oben oft nur an der weißen Heckwellenspur zu erkennen, auf schneebedeckte Bergketten und kurz vor Anchorage dann viele Gletscher die in alle Richtungen fließen. Keine Straßen, keine Häuser, auf dem Meer keine Boote. Und dann schlängelt der erste Weg wieder durch das Grün oder einem Berghang entlang, und sehr schnell kommen noch welche aus anderen Richtungen dazu, Häuser und Bootsstege, und schon schaut man wieder auf die „Zivilisation“ hinab. Sehr interessant und spannend. Ganze andere Zusammenhänge erschließen sich mir.

Anchorage in Alaska ist für uns wieder kuriose Erfahrung. Dass auch hier Sommer ist, wissen wir natürlich, die Tour ist so geplant, dass wir immer im Sommer fahren. Trotzdem verbinde ich mit Alaska eher niedere Temperaturen, auch im Juli. Vorsichtshalber nehmen wir die Anoraks ins Handgepäck, man kann ja nicht wissen.

Ins Flugzeug steigen drei Männer im Holzfällerformat: groß, bärtig, kariertes Hemd, Jeans und breiter abgewetzter Ledergürtel, klobige Schuhe, flanellige Schildkappe und kein Handgepäck – so hab ich mir das vorgestellt. Aber nur diese drei entsprechen meinem Bild. Das Gros der Passagiere trägt ärmellose T-Shirts und Flipflops. Viele von ihnen wirken nicht wie Touristen, sondern wie Menschen, die nach Hause fliegen, die also genau wissen, was für Temperaturen sie erwarten. Und tatsächlich, in Anchorage ist es heiß! 84 grad Fahrenheit sagt mir der Taxifahrer, keine Ahnung wieviel das in Celsius ist, aber es fühlt sich an wie mindestens 28, ich bin viel zu warm angezogen. Nebenbei erzählt der Taxifahrer auch noch – er hat einen das Herz erwärmenden vertrauten mediterranen Akzent! – dass Alaska 700 Tausend Einwohner hat und 450 Tausend zugelassene Privatflugzeuge. Mehr als Autos. Er scheint zufrieden, denn wir sind gebührend und wirklich beeindruckt, bestimmt erzählt er das allen Touristen und erzielt immer diese Wirkung.

Unserem Reiseleiter Uli Lehmann kommt das etwas unverhältnismäßig vor, er recherchiert im Internet und meint, es könnte sein, dass man eine Null abstreichen sollte. Schade. Mir hat die Geschichte des Taxifahrers besser gefallen.

In Anchorage ist es nicht nur heiß sondern auch ewig hell, wir sitzen noch bis elf Uhr auf einer Terrasse mit Blick aufs Meer und merken gar nicht wie spät es schon ist, es fühlt sich an wie höchstens zwanzig Uhr.

Dafür sind wir kurz nach vier wieder wach, es ist schon so hell, daß im Hotel nebenan die Beleuchtung am Schriftzug ausgemacht wird.

In amerikanischen Hotels gibt es normalerweise kein Frühstück, man geht Frühstücken oder holt sich einen Kaffee „to go“ und irgendwas Süßes aufs Zimmer. Offiziell beginnt unsere Reise morgen, am 26. Juli. Wir sind schon 2 Tage eher da und müssen dafür in einem anderen Hotel unterkommen, unser Tourhotel ist ausgebucht. Dort wird es Frühstück geben. Hier in diesem auch, aber für uns Europäer echt gewöhnungsbedürftig – mal wieder! Es gibt Bagels und Toast und sogar einen Toaster, Butter, Marmelade, Philadelphiakäse, pappsüße Müslis, aber frische Milch. Leicht klebrige Muffins (find ich gut!) und Puddingschnecken, dazu Kaffee und Tee und mein Favourite: zwei Riesenpumpflaschen Coffeemate in den Geschmacksrichtungen „French Vanilla“ und „Hazelnut“ beide mit natural und artificial flavors. Schauderhaft.

Soweit alles ok, es ist nur sehr eng, jeder schmiert sich in einem Zweiquadratmeter Küchelchen seine Stulle bzw bewacht seinen Toast, dann stellt man sich irgendwo im Vorraum der Rezeption an die Wand, wo ein Bord für eben diesen Zweck angebracht ist und leider auch nur wenigen Menschen Platz bietet. Die deutsche Frühstücksgemütlichkeit leider weit und breit nicht in Sicht. Hier ist es ein Glück, dass die Amerikaner diesbezüglich nichts zu vermissen scheinen, sie bringen die Nahrungsaufnahme erstaunlich zügig hinter sich und sind auch schon wieder weg. So können wir Deutschen nun noch etwas gemütlich am Pseudotresen lehnen und uns Zeit lassen.

Bin gespannt, wie das in den anderen Hotels sein wird und welche lieben Angewohnheiten ich noch loslassen muss? Was ich eigentlich begrüße und als Lernerfolg beim Reisen verbuche, nur in der konkreten Situation fehlt mir gelegentlich diese Größe.

Übrigens ist jetzt 23:23 Uhr und es ist immer noch hell, die Sonne ist erst vor kurzem untergegangen.