Blog von Wolfram Goslich No.3

First exit Ushuaia

Das Ziel der Busweltreise wird zuerst auf den grünen Hinweisschildern sichtbar  – Ushuaia 524 Kilometer.

Bis über das Dach mit Schlamm eingesaute Autos, so richtig mit Expeditionspatina, die uns entgegenkommen, geben uns einen Vorgeschmack auf die letzte Etappe, das bevorstehende Ende der Reise bekommt ein Gesicht, Feuerland mit seinen knallgrünen Weideflächen, knallrote Farbkleckser mittendrin sind hin und wieder die Dächer der einsamen Bauernhöfe, dann von Flechten überzogene, große Bäume, in den Tälern der gewaltigen Bergkette, die vor Ushuaia liegt, sind es undurchdringliche Urwälder, dazwischen Sümpfe, abgestorbene Baumriesen und große Schneefelder unterhalb der steil aufragenden Gipfel. Natürlich zwingt uns wieder ein Checkpoint am Stadtrand von Ushuaia, anzuhalten, diesmal steigen wir alle aus, um vor dem Holzturm auf dem in riesigen Lettern der Name der Stadt steht, mit eiskaltem Sekt anzustoßen. Das gefällt der diensthabenden Gendarmin gar nicht, die sich beschwert, dass alle einfach auf der Straße herumlaufen und Fotos machen und droht mit Konsequenzen. Mit Weltreisecharme können wir sie besänftigen und sie beobachtet mit immer noch mißtrauischem Blick das Geschehen um sie herum.

Und dann Ushuaia! Was für ein liebenswertes Chaos. Nicht das von den meisten erwartete düstere Kaff am Ende der Welt, wo der Wind um die Ecken pfeift, ein paar Fischer in Containern hausen und sich abends in der einzigen Kneipe mit patagonischem Bier volllaufen lassen. Ein buntes Häusergewirr, mit viel Phantasie gestaltete Erker und Anbauten, grün, lila, knallrot. Und gelb, und  – ein Alptraum für jeden Beamten der Bauaufsicht zwischen Ulm und Unna. Die Stadt liegt vor einem großartigen Panorama, das sofort Lust auf ein Foto macht. Ganz einfach, wenn nicht überall die für den ganzen Kontinent typischen Freileitungen als grafisches Muster über jeder Szenerie liegen würden. Hinter den weit verstreuten Siedlungshäusern ragen schneebedeckte Berge steil auf, was alpiner aussieht als es ist – keiner der Berge ist höher als 1200 Meter. Überall wird gebaut, an jeder Ecke irgendein Provisorium, die Stadt ist nicht, sie wird.

Der Containerhafen am östlichen Rand der Stadt ist beinahe so groß wie die ganze Stadt selbst. Im Irish Pub läuft angenehme Bluesmusik, viele Backpacker in Outdoor Klamotten, dazwischen Kreuzfahrtgäste, die für ein paar Stunden aus ihren schwimmenden Hotelburgen ausgespuckt wurden. Verglaste Erker, Holzrahmen, außen herum blau oder gelb gestrichene Wellblechplatten, Hunde, die gelangweilt in die Sonne blinzeln, auf einmal nimmt der Wind zu und über den Beagle Kanal zieht von Westen eine dunkle Schauerfront heran. Ein paar Minuten später Regen wie im Hollywoodfilm, Schauerfahnen ziehen über den Hafen, die am Kai geparkten Expeditionsfahrzeuge verschwinden hinter Regenschleiern. Nur eine Stunde später glänzen Häuser, Schiffe und Straßen in der Sonne, Ushuaia – vier Jahreszeiten an einem Tag. Alo Ushuaia – steht an der kleinen verglasten Box am Hafen. Daneben viele andere, kleine Kabinen – Telefonieren mit Freunden vom Ende der Welt; das Postamt mit dem begehrten Stempel „fin del mundo“ hingegen ist geschlossen.

Der kleine Ausflugskatamaran gleitet langsam aus dem Hafen. Dass der Beagle Kanal ein maritimes Gewässer ist, merken wir ganz schnell. Schauerböen lassen das Wasser ganz dunkel werden, viele kleine Schaumkämme und kurze, harte Wellen brechen sich am Schiff. Dunkle schnellziehende Wolken über den Gebirgszacken, hat wirklich etwas Dramaturgisches, so stellt man sich das Ende der Welt vor. Kormorane sitzen auf Felsvorsprüngen auf den kleinen Inseln, Seelöwen dösen vor sich hin und dann wird eine dunkle Nadel auf einem dunklen Felsen sichtbar – der Leuchtturm Les Eclaireurs, für uns wirklich der südlichste Punkt, den wir nun erreichen. Für einen Moment reißt die Wolkendecke auf und die roten und weißen Farbringe des Leuchtturms zeichnen sich klar vor der Bergkulisse ab.

Ab jetzt gibt es wiederum nur eine Fahrtrichtung – nach Norden. Das Morgenlicht leuchtet die dicht bewaldeten Bergtäler wunderschön aus, die weißen Stämme werden unter dem grünen Blätterdach gut sichtbar. Ohne ein paar Fotostopps geht es nicht! Vor einer in ganz Feuerland bekannten Panaderia, einer Bäckerei, wo wir ein paar Snacks kaufen, steht eines dieser in Argentinien beliebten Exemplare von Campingbussen (Mercedes 1114, mit runder Schnauze , Baujahr etwa 1972 – für die Busfreaks) die aus unserem Straßenbild als LKW schon lange verschwunden sind.

Also leckere Empanadas, Sandwichs mit Salami, die so aussieht wie in Italien und auch fast so gut schmeckt und dann zum Nachtisch die Alfajores, runde Waffeln, von dicker Schokolade umhüllt. Schokoladenläden gibt es in ganz Argentinien, in allen Varianten und sehr lecker! Alles muss allerdings bis zur chilenischen Grenze wieder verzehrt sein, es ist nur ein kurzes Stück Transit durch Chile aber es dürfen keine Lebensmittel eingeführt werden.

Nachdem wir die Berge Feuerlands hinter uns gelassen haben, breitet sich die Steppe vor uns aus – und das nun schon seit Tagen – über 1200 Kilometer. Mal hügelig, mal topfeben, ab und zu Guanacos, Strommasten, die sich am Horizont in Fata Morganas riesiger Wasserflächen verlieren. Tankstellen, Schrottplätze( da stehen ganze Automobilmuseen!!), immer wieder Checkpoints, manche wollen Passagierlisten, manche nicht, was auf den Listen draufsteht, ist auch nicht so wichtig, Hauptsache Liste, Hauptsache Papier zum Abheften. Immer nett und freundlich – und eben doch Polizeistaat!

Am Fenster zieht wieder ein Posten der Gendarmeria Nacional vorbei, auf der gegenüberliegenden Seite kontrollieren zwei Polizisten einen Kleinwagen, einen Rottweiler an der Leine. Schotterpisten gibt es seit Chile nicht mehr. Gut asphaltiert, kaum Schlaglöcher, breite Landstraße und immer Seitenwind und immer von Westen.

Heiligabend sind wir in Puerto Madryn direkt am Strand, am Atlantik. Wenig los, ewig breiter Strand, lädt zum Laufen ein. Schönes Weihnachtsessen, im Hotel ein paar Gäste, eine kleine italienische Familie auf Rundreise, ein paar Franzosen und Holländer. Eigentlich ein Abend wie jeder andere. Mitternacht dann geht’s los, Böller und Feuerwerk wie bei uns zu Silvester. Das geht lange bis spät in die Nacht. Am nächsten Mittag ist der Strand vor dem Hotel überfüllt mit Badegästen. Familienväter mit dicken Kühltruhen, Windschutzzelte wie bunte Farbtupfer vor der Strandpromenade und fußballbegeisterte Jugendliche spielen das runde Leder quer über den Strand. Die beiden Kreuzfahrtschiffe, die an dem weit ins Meer rausgebauten Anleger lagen, sind wieder weg. Das waren tausende von Gästen für 2 Tage und sogar eine Zeitungsnotiz in der patagonischen Zeitung Diario Jornada wert.

Die Parkplätze sind voll, einige alte US-Straßenkreuzer, stolze Besitzer, die auftauchen, als sie sehen, dass ich Fotos ihrer verblichenen Chromschlitten mache. Renzo erzählt mir, dass sein Ford Falcon von 1971 ist, kaum Probleme macht und nicht mehr als 10-12 Liter verbraucht. Einen Neuwagen kann und will er sich nicht leisten, die anderen Chevys und Fords sind genauso alt aber schon ziemlich runtergekommen. Was sie alle gemeinsam haben, ist der dunkle Sound von sechs und Achtzylinder Motoren. Ein Sound aus Zeiten, in denen sich niemand vorstellen konnte, dass Detroit heute schon fast verlassen ist.

Und das Wetter? Weiter nach Norden wird es immer wärmer, Temperaturen wie bei uns im Juni, tagsüber 24-29 Grad, nachts angenehm kühl, das wird in wenigen Tagen in Buenos Aires noch ganz anders sein, die Hitzewelle, die der Norden Argentiniens zur Zeit erlebt, dauert noch an und selbst im Süden, selbst in Feuerland ist es ungewöhnlich warm für diese Jahreszeit. Ein Textblock, der heute schon zum festen Repertoire in Zeitungsredaktionen rund um den Globus gehört, Andres, unser Reiseleiter, Menschen in Ushuaia und auch die Einweiser an der Fähre über die Magellanstraße haben uns immer wieder gesagt, dass sie ungewöhnliche Wetterlagen seit Jahren beobachten.

Der Reisetag ist ideal zum Lesen und Schreiben. Einige unterhalten sich, Kaffeeduft zieht durch die Sitzreihen, irgendwann machen wir wieder eine Pause, die Bilder, die wir links und rechts vorbei ziehen sehen, bieten immer wieder Gesprächsthemen. Entspannter kann Reisen kaum sein.

Blog von Wolfram Goslich No.2

Busreisen sind spannend und diese ganz besonders. Die letzten Tage zwischen Bariloche im Westen Argentiniens und den südlichen Anden bis nach El Calafate in der Nähe des berühmten Perito Moreno Gletschers sind im Text mit vielen Eindrücken beschrieben, die nicht immer chronologisch sind und einen Einblick in den Mikrokosmos einer Reise mit dem Luxusbus um die ganze Welt geben.

Tag und Nacht Wind, seit Tagen und ein Schweizer Pärchen, die mit dem Wohnmobil von Feuerland kommen, sagen uns, dass es so bleiben würde, Wind jeden Tag. Patagonien ist eine der windigsten Ecken der Welt, besonders im Sommer, also ab Dezember. Aber da Argentinien derzeit die heißesten Tage seit Jahren erlebt, kommt der Nordwestwind sehr warm daher. Ungewöhnlich warm für diese Jahreszeit.

Wir sind wieder auf der Ruta 40, eine der großen Straßen Südamerikas, die sich durch ganz Argentinien von Nord nach Süd durchs ganze Land zieht. Vorbei an Rinderherden, durch die Steppe, immer wieder Pappelreihen, die als Windflüchter gepflanzt werden, niedriges Buschwerk wechselt sich mit hellgrünen Bäumen an Flussläufen ab, kurzes, festes Gras – bestes Futter für die dunkelbraunen Rinder, die hier auf den endlosen Weiden stehen. Es ist Steppe, aber es gibt überall Wasser.In Tümpeln mitten auf den Weiden zartrosa Flamingos, hunderte von Kilometern vom Atlantik und Pazifik entfernt. Dazwischen Wildgänse und mit großen Schritten über das Buschgras flitzende Nandus, eine Straußenart. Erstaunlich, wir durchqueren karge Steppe, kaum Bäume und Sträucher und dann wieder Wasserläufe, sumpfige Flächen, weidende Pferde, Guanacos, sogar Stinktiere kreuzen unseren Weg.

Zunächst eintönig, hat diese Landschaft etwas Großartiges. Die Hochebenen werden immer wieder von Hügelketten am Horizont begrenzt und die immer wieder schneebedeckten Andengipfel begleiten uns seit Tagen auf der rechten Seite auf unserem Weg in den Süden nach Feuerland. Und der Himmel! Bizarr geformte Wolkenfetzen, lange Streifen, scharf ausgezackte Wolkengebilde, die der Nordwind immer wieder neu an den Himmel zaubert. Manche Berggipfel umkränzt von dunkeln Wolken, aber Regen – Fehlanzeige!

In einer Senke liegt eine große Estancia, eine dieser Schaffarmeen, die Tiere wie kleine weiße Flecken in der Ferne auf sattgrünem Teppich. Hat schon fast etwas Meditatives, genau das sagt auch einer unserer Gäste, als ich ihn frage, wie es sich denn so anfühlt, wochenlang durch Südamerika von der Maracaibo See am Golf von Mexiko durch Kolumbien, Ecuador, Peru und die Atacamawüste in Chile bis tief nach Argentinien hinein zu reisen. Meine erste Busreise, sagt er, ganz Individualist und erfüllt sich einen  Traum, einmal durch ganz Südamerika zu reisen. Die manchmal auch langen Tage im Bus sind für ihn schon eher Meditation, manchmal passiert einfach gar nichts besonderes, Landschaften ziehen an den  großen Panoramafenstern vorbei, einfach zurücklehnen, zuschauen, ein Buch lesen, vor sich hin träumen.

Einfach leben, wie ein Argentinier am Straßenrand sitzend auf die Frage antwortet, ob er da auf jemanden wartet. Nein, ich warte nicht, ich lebe, sagt er.

Faszinierend, diese trockene Steppe, die so aussieht, als würde es hier so wenig regnen wie in der Atacamawüste und dann schlängelt sich unversehens ein Bach mit glasklarem Wasser zwischen dem kurzen Steppengras hindurch. Die Straße ist gut, meistens jedenfalls. Asphaltiert, kaum Schlaglöcher und dann fehlt auf einmal ein Stück und wir fahren 120 Kilometer Schotterpiste. Damit die Steine nicht zu stark in den Radkästen schlagen, fährt Christian leicht versetzt auf dem etwas angeschobenen Schotter und der Bus driftet etwas sanfter über den Untergrund, dazu kommt der Seitenwind mit 5 – 7 Windstärken.

Ab  und zu kleine Straßendörfer, weißgekalkte Häuser, bunte Werbung drauf, am Ortseingang meist ein Checkpoint der Polizei, wir werden meist durchgewinkt, aber kontrolliert wird hier viel. Klassische Anzeichen ehemaliger oder immer noch Polizeistaaten.

Die regelmäßig in den Asphalt eingelassenen Schwellen erinnern jeden Autofahrer daran, nicht zu schnell zu fahren, die tiefen Furchen jedoch im Belag hinter den Schwellen zeigen mir, dass Karosseriebauer hier genug zu tun haben. Verlaufen kann ich mich nie in den Orten, alle Straßen verlaufen im rechten Winkel, viele Grundstücke vergittert, viele im Rohbau, überhaupt wird viel gebaut, in den letzten Jahren sind viele Zuwanderer gekommen, So viele unterschiedliche Landschaften wie auf dieser Reise durch Südamerika hätte sie noch nie gesehen, sagt Heidi, die schon durch China mit dem Bus gereist ist.

Cuevas de los Manos, Höhlenmalereien in einem Canyon, 30 Kilometer abseits der Ruta 40, prähistorisch, interessant, aber nicht spektakulär, denke ich. Aber dann! Der Weg dorthin, tiefe Canyons, lichtdurchflutete Schluchten, Guanoacos und Endus verstecken sich gut im Buschwerk, Condore schweben majestätisch über der Steppe. Dazu die Dramaturgie von Wolkenformationen mit seinen ständig wechselnden Bildern bis zu 5000m hoch. Nach einer Stunde Schotterpiste öffnet sich der Blick in einen tiefen Canyon, der Boden tiefgrün, zwischen sattgrünen Weiden windet sich ein Flusslauf…200 m hohe Felswände an denen wir entlanggehen….

Andres beschreibt uns immer wieder Fauna und Flora, eine klassische Reiseleiter Vita, er Argentinier, der im Norden Brasiliens lebt, einige Jahre in Deutschland verbracht hat, so fließend Deutsch spricht, dass man ihn für einen Mannheimer Jungen hält, in Spanien eine Ausbildung zum Reiseleiter gemacht hat und scheinbar überall in Südamerika zuhause ist.

So ein Trip ist wirklich ein Roadmovie, alle verwachsen ein wenig mit der Straße, Christian und Hans-Peter haben einen guten Blick für schöne und geeignete Picknickplätze, windgeschützte, am besten dazu leicht hügelige Landschaft, die auch einen diskreten Toilettengang erlaubt.

In einer langgezogenen Kurve, endlich etwas windgeschützt, Picknickstopp. Wir bleiben nicht lang allein, eines dieser so niedlich aussehenden Guanoacos, den Lamas verwandt, interessiert sich für unser Buffet. Alle zücken die Kameras, das Guanaco sieht süß aus mit seinen Blinzeläuglein, wird dann zusehends frecher und schubst den einen oder anderen von uns hinterrücks, um an die herrlich duftende Wurst und den leckeren Käse zu kommen. Es lässt sich kurzzeitig durch ausholende Bewegungen mit geöffneten Armen verscheuchen, aber nicht wirklich entmutigen. Sucht sich immer neue Opfer, die etwas außerhalb der Gruppe am Bus stehen um diese dann hinterrücks freundschaftlich zu attackieren, mal am Kragen zu zupfen oder einfach mal mit einem schnellen Ausfallschritt zu knuffen. Begegnung mit südamerikanischer Tierwelt der besonderen Art.

Wider Erwarten kommen wir schnell voran, die Straßenkarte weist Schotterpisten aus, die seit einiger Zeit asphaltiert sind, die Ausschilderung ist dann aber doch so italienisch, dass wir ohne es zu ahnen einen Umweg fahren, das sind dann mal eben 100 Kilometer.  Alle haben ihre Straßenkarten vor sich, mit bunten Eddingstiften ziehen sie Linien über Patagonien, Navigationsgeräte funktionieren nur bedingt, manche lesen ihre Tageszeitung, die sie am Abend vorher aus dem Netz runtergeladen und als pdf abgespeichert haben. Lazy Sunday afternoon im Bus……

Zwei unglaublich schöne Tage liegen hinter uns. Um an die Orte in den Anden zu gelangen, die soviel spektakuläre Natur bieten, haben wir viele Kilometer durch die patagonische Steppe zurückgelegt. Und nicht nur auf asphaltierten Straßen sondern auch auf endlosen Schotterpisten. Die Straße hat einen Namen, der den Klang einer südamerikanischen Route 66 hat – Ruta Nacional 40, über 5200km lang, längste Fernstraße Südamerikas neben der Panamericana, die teilweise auf der Ruta 40 verläuft. Von den Anden aus verläuft sie durch den gesamten Westen Argentiniens bis nach Rio Gallegos am Südatlantik.

Vorgestern also den ganzen Tag durch die Steppe mit einem Abstecher nach Cuevas de los Manos zu den Höhlenmalereien und spät abends rollen wir im roten Bus im untergehenden Licht der Sonne und dramatische Wolkenbildern vor der Andensilhouette nach El Chaltén.

Viele junge Leute, Outdoorfreaks, Fleecejacken, Patagonia Klamotten, Cargohosen und i-phones auf dem Tisch. Vor 15 Jahren kaum 50 Einwohner, heute weit über tausend, Tendenz steigend. Ein Straßendorf am Ende eines Andenhochtals mit spektakulären Gebirgsmassiven. Die Saison beginnt gerade, es wird Sommer, Wanderer und Kletterer auf der Suche nach noch weitgehend unberührter Natur. Nur 400m hoch, wird es nachts empfindlich kalt, der Westwind weckt uns auch mal mitten in der Nacht, am Morgen stahlblauer Himmel, glasklare Luft und die Vorfreude auf eine Wanderung mit Blick auf einen der schönsten Berge der Welt, den Cerro Torre und den Fitzroy. 1 ½ Stunden geht es durch Wald mit umgestürzten Bäumen, knorrigen Ästen, blühenden Büschen, Steppenpflanzen und über kleine Bäche bis sich vor unseren Augen ein unglaublich schönes Panorama entfaltet – der Monte Fitzroy mit seinen über 3400 m hohen Felsnadeln, die beinahe senkrecht aus einem Hochtal in den Andenhimmel ragen. Schneefahnen lassen den Sturm erahnen, der dort oben herrscht, immer nur für kurze Zeit verstellen schnell ziehende Wolken den Blick auf das ganze Massiv.

Nach einem sehr langen Fahrtag eine wirkliche Belohnung für alle Sinne.

 

Blog von Wolfram Goslich No.1

1920 Kilometer bis Ushuaia kurz vor Kap Horn! Und dabei sind wir schon tief im Süden des Kontinents. Die Erde ist eben doch viel größer als wir es mit europäischen Maßstäben erfassen können. Seit drei Tagen bin ich unterwegs im roten Bus – auf Busweltreise – auf der letzten Etappe ans Ende der Welt. Puerto Varas, im Süden Chiles, dort bin ich zugestiegen. Gleißendes Licht über dem schneebedeckten Vulkan Osorno, rundherum alles grün – wie in Schottland, Norwegen oder Kanada, Landeanflug auf Puerto Mont am Pazifik.

Am Morgen bei der Abfahrt, Nebel, leichter Regen, angenehme 18 Grad, 23 entspannte Weltreisende lehnen sich zurück, tiefgrünes Farmland zu beiden Seiten der Straße, wir fahren nach Osten in die Anden hinauf zur argentinischen Grenze. Andres, unser Reiseleiter versorgt uns mit Informationen über Land und Leute, ein Picknick vor der Grenze, wir dürfen keine Lebensmittel nach Argentinien einführen, alles muss weg!

Schneller als erwartet, passieren wir die Grenze, der chilenische Grenzbeamte entspannt sich auch schneller als erwartet, der Küstennebel, der vom Pazifik bis hier oben in die Berge reicht, löst sich auf und gibt uns den Blick auf das gigantische Andenpanorama frei.Aber – kein Grün mehr! Ein Vulkanausbruch des Puyehue im Juni 2011 mit seiner heißen Asche hatte dafür gesorgt, dass auf einer Fläche von hunderten von Quadratkilometern ganze Wälder verglüht, unter heißer Asche bedeckt, die Landschaft in ein surrealistisches Grau getaucht wurde.

Dafür wieder tiefblauer Himmel, nach einiger Zeit wieder dichte Vegetation, Knallgelbe Ginsterwände zu beiden Seiten der Straße, gesäumt von Lupinen. Bariloche, einer der bekanntesten Wintersportorte in Südamerika ist unser Ziel.Es ist warm, 25° im Schatten, die Stadt liegt am Lago Nahuel Huapi, mehr als doppelt so groß wie der Lago Maggiore, unzählige Fjorde schaffen immer wieder neue Landschaftseindrücke. Mit Blick auf den fast 3500m hohen Tronador an der Grenze zu Chile gleitet unser Luxusliner in den Ort.

Ich bin keine 24h mit den Weltreisenden unterwegs und es ist angenehm und vertraut, an Bord zu sein – so wie auf dem Weg nach Peking 2008 und wie auf dem Weg nach Shanghai vor drei Jahren. Avanti – das ist eben nicht nur ein nettes Team sondern das sind auch sehr angenehme Gäste.

Der Tag gestern am See – phantastische Bergpanoramen. Viel weniger Schnee und vergletscherte Flächen als noch vor einigen Jahren, wie uns Andres erklärt. Klimawandel ist auch hier schon lange kein Fremdwort mehr, ein Bootstrip mit einem klassischen Ausflugsdampfer aus den 30er Jahren bringt uns auf eine kleine Insel mit Arrayanbäumen, die eine einzigartig schöne Farbe haben. Auf dem Rückweg erfahre ich, dass Che Guevara auf seinem Roadtrip durch Südamerika mit demselben Schiff 1952 nach Chile gefahren war.

Und heute? Back on the road, viel Panorama, viel Licht, dichte Nadelwälder wechseln sich ab mit grasgrüner Steppe, dann wieder hellgrünes Buschwerk an Wasserläufen, dahinter immer die schneebedeckten Dreitausender an der Grenze zu Chile. Und  – endlich kann ich mich orientieren. Wir fahren den ganzen Tag nach Süden und haben dabei die Sonne immer im Rücken, d.h. im Norden. Wir sind rund 4700km südlich vom Äquator. Also mittags Sonne im Norden und nicht umgekehrt! Daran muss ich mich erst gewöhnen, ging unseren Chauffeuren auch so, wer so viele Jahre hinter dem Lenkrad verbracht hat und sich in Vornavizeiten auch am Sonnenstand orientiert hatte, muss umschalten. Also mitdenken, alles wie im richtigen Leben, Navis werden nie denken können und das ist auch gut so.

 

Plaudereien aus dem Werkzeugtäschle (3)

…und ein paar neue Beobachtungen.

von Axel Lehmann

Andere Länder, andere Sitten… (Diesmal aus Peru)

Jetzt sind wir in Peru. Wir sind aus den Anden heraus an der Küste oder zumindest in Küstennähe, und aus der immergrünen Umgebung kommen wir jetzt ins flache Land und in die Wüste. Noch augenfälliger ist aber, dass die Straßenränder fast durchgängig zugemüllt sind, was in Ecuador fast nie vorkam. Um Siedlungen herum nimmt der Müll zu, weiter weg ab. Wir sammeln unseren Müll trotzdem artig und entsorgen ihn. Im Hotel hängen dann Schilder im Badezimmer, dass man die Umwelt schonen soll, indem man die Handtücher mehrmals benutzt. Das erscheint wie Realsatire.

Was auch sofort auffällt, ist die viel geringere Polizeipräsenz. Man sieht auch in den Städten nur selten Polizei. Aber die Mauern sind überall beliebg hoch und die Fenster genauso vergittert wie in Ecuador. Dafür sind in den Städten die Straßen oft in schlechtem Zustand, so dass es gar keine „schlafenden Polizisten“ (dicke Bodenwellen in der Straße, manchmal gekennzeichnet, aber nicht immer!) braucht, um uns zum Schritttempo zu nötigen.

Während in Ecudor überall zitronengelbe, kleine Taxis herumkurven, findet man in Peru überall „Mototaxis“. Das ist eine Art Moped-Rikscha, dreirädrig, vorne Moped und hinten ein breiter Sitz für bis zu drei Personen, und dahinter noch eine kleine Ladefläche. Das ganze ist mit Plastikplanen mehr oder minder gegen Sonne und Regen geschützt; gegen Unfälle wohl weniger. Taxis sieht man in den Städten auch, aber viel seltener als diese Moped-Rikschas. Dafür sieht man die auch ohne Beleuchtung nachts auf den Überlandstraßen.

Mototaxi

Im Gegensatz zu den Ecuadorianern benutzen die Peruaner gerne und häufig ihre Hupen. Wenn man, wie wir in Trujillo, direkt auf die Plaza Mayor schaut, findet man das nicht so komisch, sondern eher unnötig laut. Aber es gibt auch Gelegenheiten, bei denen auch Peruaner sich zurückhalten. So mussten wir auf einer Hauptstraße durch ein großes Dorf mit vielen Bussen, LKWs und PKWs einem Leichenzug bis zum Friedhof am Ende des Dorfes folgen. Das dauerte eine (gefühlte) halbe Stunde. Keine Hupe war zu hören!

Es bleibt weiter spannend.