Blog von Wolfram Goslich No.1

1920 Kilometer bis Ushuaia kurz vor Kap Horn! Und dabei sind wir schon tief im Süden des Kontinents. Die Erde ist eben doch viel größer als wir es mit europäischen Maßstäben erfassen können. Seit drei Tagen bin ich unterwegs im roten Bus – auf Busweltreise – auf der letzten Etappe ans Ende der Welt. Puerto Varas, im Süden Chiles, dort bin ich zugestiegen. Gleißendes Licht über dem schneebedeckten Vulkan Osorno, rundherum alles grün – wie in Schottland, Norwegen oder Kanada, Landeanflug auf Puerto Mont am Pazifik.

Am Morgen bei der Abfahrt, Nebel, leichter Regen, angenehme 18 Grad, 23 entspannte Weltreisende lehnen sich zurück, tiefgrünes Farmland zu beiden Seiten der Straße, wir fahren nach Osten in die Anden hinauf zur argentinischen Grenze. Andres, unser Reiseleiter versorgt uns mit Informationen über Land und Leute, ein Picknick vor der Grenze, wir dürfen keine Lebensmittel nach Argentinien einführen, alles muss weg!

Schneller als erwartet, passieren wir die Grenze, der chilenische Grenzbeamte entspannt sich auch schneller als erwartet, der Küstennebel, der vom Pazifik bis hier oben in die Berge reicht, löst sich auf und gibt uns den Blick auf das gigantische Andenpanorama frei.Aber – kein Grün mehr! Ein Vulkanausbruch des Puyehue im Juni 2011 mit seiner heißen Asche hatte dafür gesorgt, dass auf einer Fläche von hunderten von Quadratkilometern ganze Wälder verglüht, unter heißer Asche bedeckt, die Landschaft in ein surrealistisches Grau getaucht wurde.

Dafür wieder tiefblauer Himmel, nach einiger Zeit wieder dichte Vegetation, Knallgelbe Ginsterwände zu beiden Seiten der Straße, gesäumt von Lupinen. Bariloche, einer der bekanntesten Wintersportorte in Südamerika ist unser Ziel.Es ist warm, 25° im Schatten, die Stadt liegt am Lago Nahuel Huapi, mehr als doppelt so groß wie der Lago Maggiore, unzählige Fjorde schaffen immer wieder neue Landschaftseindrücke. Mit Blick auf den fast 3500m hohen Tronador an der Grenze zu Chile gleitet unser Luxusliner in den Ort.

Ich bin keine 24h mit den Weltreisenden unterwegs und es ist angenehm und vertraut, an Bord zu sein – so wie auf dem Weg nach Peking 2008 und wie auf dem Weg nach Shanghai vor drei Jahren. Avanti – das ist eben nicht nur ein nettes Team sondern das sind auch sehr angenehme Gäste.

Der Tag gestern am See – phantastische Bergpanoramen. Viel weniger Schnee und vergletscherte Flächen als noch vor einigen Jahren, wie uns Andres erklärt. Klimawandel ist auch hier schon lange kein Fremdwort mehr, ein Bootstrip mit einem klassischen Ausflugsdampfer aus den 30er Jahren bringt uns auf eine kleine Insel mit Arrayanbäumen, die eine einzigartig schöne Farbe haben. Auf dem Rückweg erfahre ich, dass Che Guevara auf seinem Roadtrip durch Südamerika mit demselben Schiff 1952 nach Chile gefahren war.

Und heute? Back on the road, viel Panorama, viel Licht, dichte Nadelwälder wechseln sich ab mit grasgrüner Steppe, dann wieder hellgrünes Buschwerk an Wasserläufen, dahinter immer die schneebedeckten Dreitausender an der Grenze zu Chile. Und  – endlich kann ich mich orientieren. Wir fahren den ganzen Tag nach Süden und haben dabei die Sonne immer im Rücken, d.h. im Norden. Wir sind rund 4700km südlich vom Äquator. Also mittags Sonne im Norden und nicht umgekehrt! Daran muss ich mich erst gewöhnen, ging unseren Chauffeuren auch so, wer so viele Jahre hinter dem Lenkrad verbracht hat und sich in Vornavizeiten auch am Sonnenstand orientiert hatte, muss umschalten. Also mitdenken, alles wie im richtigen Leben, Navis werden nie denken können und das ist auch gut so.