Alle Fotos von Anatoli Reklin
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Gut gegen Kälte: ein Discoabend in 2200m Höhe
Nach einer Fahrt durch Hagel-und Schneeschauer bei Blitz und Donner über kühne Brückenkonstruktionen und durch lange Tunnel kommen wir zum Sairamsee, Außentemperatur 3 Grad, Zimmertemperatur gefühlte 10 Grad…
In den Zimmern gibt es nur stundenweise Strom und (Heiß-)Wasser, dafür aber wird ein tolles Abendessen aufgetischt:
Bis zu 12 Schüsseln mehr oder weniger scharfer wohlschmeckender Gerichte landen auf einer drehbaren Glasplatte und werden von uns durchprobiert, wobei jeder neue Schwung der Platte unsere diversen Tee-, Rotwein- und Schnapsgläser gefährdet… Allmählich entledigen wir uns unserer Anoraks und dicken Jacken und tauen im wahrsten Sinne des Wortes wieder auf.
Da kommt Martha auf die Idee nach einer Musikvorführung auf traditionellen Instrumenten zu fragen. Die gibt es nicht, aber zwei junge Männer führen uns nach Musik vom Handy kasachische Tänze vor und wir können ihre anmutigen geschmeidigen Bewegungen nur bewundern.
Doch nicht genug damit! Am Ende tanzen wir alle – Jung und Alt, chinesische Kasachen oder Deutsche – und gehen beschwingt und aufgewärmt in unser – leider – eiskaltes Bett.
Adelheid
Noch ein Nachtrag: Heinrich Heine in Samarkand
von Estella
Abendsonne.
Sie taucht den Registan in märchenhaftes Licht, die Kuppeln der Moscheen flammen auf, kantig schneiden sich die Medresen in den marineblauen Himmel, rosa leuchtet das Tigerhaus.
Vier Frauen sitzen vor diesem Schauspiel und staunen. Ich frage, ob ich die Legende von Bibi-Chanym, Timurs Lieblingsfrau, die durch eine List ihr Leben gerettet hat, erzählen soll (wegen vermeintlicher Untreue soll sie vom Minarett gestürzt werden, ihr letzter Wunsch, all ihre Lieblingskleider anziehen zu dürfen, wird ihr gewährt, und so schwebt sie in ihren Seidenkleidern sanft zur Erde).
Mittendrin merke ich, wie sich Zuhörer um uns scharen. Die jungen Männer warten das Ende der Geschichte ab, nähern sich einer nach dem anderen und fragen in tadellosem Deutsch höflich, woher wir kommen und ob es uns hier gefällt. Schnell entwickelt sich ein lebhaftes Gespräch zwischen uns und den fünf usbekischen Germanistikstudenten. Wir sind beeindruckt von ihren Sprachkenntnissen, und in der deutschen Literatur kennen sie sich auch aus. Sie nennen Lessing, Goethe, Heine. Einer beginnt zu zitieren, die anderen helfen weiter, wenn er stockt: „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, dass ich so traurig bin? Ein Märchen aus uralten Zeiten, das kommt mir nicht aus dem Sinn…“ Wir Frauen fangen an zu singen, die Studenten fallen zögernd ein. Alle Achtung, sie sind textsicherer als wir! Wir helfen uns wechselseitig: sie uns mit dem Wortlaut der ersten und der dritten Strophe, wir ihnen mit der Melodie. Das ist Kulturaustausch!
P.S.: Als ich nach Sonnenuntergang bei der Ton- und Licht-Show noch einmal auf dem Registan bin, werde ich wieder von einem Germanistikstudenten angesprochen. Und dieses Mal singen wir hingebungsvoll alle drei Strophen der Loreley. Der leise Akzent gegen das Gedröhne aus den Lautsprechern tut wohl.
Estella
Post aus Urumqi
Erste Bilder aus China – Guten Appetit
Alle Fotos von Anatoli Reklin
Praktisch: Nach dem üppigen Mahl wurden die überflüssigen Kalorien gleich wieder abgetanzt. Seht selbst: Abtanzen