Der Weltreisebus auf Reisen…

Beitrag von Hans-Peter Christoph

Liebe Leute,
heute hat sich unser roter Bus von Nordamerika verabschieden müssen. Er ist nun auf einem Schiff vertäut und unterwegs nach Cartagena/Kolumbien. Sechs Wochen lang stand er im Zollgelände von Tacoma an der Westküste der USA, wohin wir ihn von Shanghai aus verschifft hatten. Er wurde nicht hinein gelassen – und der amerikanische Zoll bestand sogar darauf, dass er auch nicht in ein angrenzendes Land gebracht werden durfte, also weder nach Kanada noch nach Mexiko.

Wieso durfte der Bus nicht einreisen? Nun, der Zoll in Tacoma vertrat die Ansicht, dass unser Superfahrzeug in sämtlichen Punkten den US-Zulassungsbestimmungen entsprechen müsse – und das kann nur ein speziell für den U.S.-amerikanischen Markt gebautes Fahrzeug. Da nützt es nichts, dass unser nagelneuer Weltreisebus der aktuell sicherste, emissionsärmste und modernste Bus der Welt ist.

Es gibt eine Vielzahl an Ausnahmeregelungen, die der Zoll für unsere sechs Wochen in Nordamerika hätte anwenden können. Aber er schaltete auf stur. Jeder weiß, dass andere deutsche Busse sogar dauerhaft in den USA stationiert und unterwegs sind. Uns jedoch wurde nicht einmal die kurzzeitige Einfuhr erlaubt, obwohl wir eine Avanti-Niederlassung in Kalifornien haben und im Besitz sämtlicher amerikanischer Genehmigungen für den gewerblichen Personenverkehr sind.

Der Zoll in Tacoma hat uns aber nicht nur die Tür zu den USA verschlossen, sondern angeordnet, dass der Bus auch nicht in ein Nachbarland gebracht werden dürfe.

Die Folgen daraus sind viel weiter reichend als „nur“ das Verbot, unseren neuen Setra in den USA einzusetzen:
Der Zwang, ihn in ein nicht angrenzendes Land, also nicht nach Mexiko zu bringen bedeutet, dass uns der rote Weltreisebus auch in Mittelamerika nicht zur Verfügung stehen kann. Da der längste Teil der Mittelamerikaetappe auf Mexiko entfällt, hätten wir unseren roten Avantibus nur noch für kurze Zeit, nämlich von Guatemala bis Costa Rica benutzen können, da ab Costa Rica sowieso ein einheimischer Bus zum Einsatz gekommen wäre. Denn ab Costa Rica wäre unser Roter wie geplant nach Cartagena/Kolumbien versandt worden, damit er rechtzeitig zum Start der letzten Etappe bereit gestanden hätte. So verschiffen wir den Avantibus nun direkt nach Kolumbien und sind so lange mit angemieteten Fahrzeugen unterwegs. Alles klar? Der Allmachtsanspruch, die Arroganz, Sturheit und Unflexibilität des Zolls in Tacoma haben für uns also die bittere Konsequenz, dass wir unseren roten Bus erst wieder ab Südamerika zur Verfügung haben.

Meine über 35-jährige Erfahrung mit den Zöllnern Europas, Afrikas und Asiens hat mich gelehrt, dass das Verhalten des Zolls eines Landes immer auch ein Spiegelbild des Umgangs von Behörden mit seinen Bewohnern ist.

Trotz allem Ärger und der damit verbundenen Sorgen, Nöte und aufwendigen Organisation, damit alles dennoch fahrplanmäßig weitergeht, bin ich restlos begeistert von Alaska, Kanada und jetzt den USA, von den grandiosen Landschaften und den vielen positiven menschlichen Begegnungen mit der Bevölkerung! Dass ich damit nicht alleine bin, spiegelt sich wider in den vielen Blogbeiträgen der Mitreisenden. Unsere Mitreisenden sind sowieso das Beste, was einem in einer solchen Situation passieren kann! Großartig sind auch die Ermunterungen durch unsere Kunden, Freunde und Bekannte, die sich so solidarisch zeigen, ganz besonders unsere Mitarbeiter im Büro in Freiburg, die einen gewaltigen zusätzlichen Organisationsaufwand bravourös meistern und der Bushersteller Setra, der uns nach Kräften unterstützt.

Ja, sogar was das Essen betrifft, mache ich immer wieder die besten Erfahrungen. Gestern in der Stadt Jackson Hole in Wyoming zum Beispiel: Neben den üblichen Burger-Spezialitäten fand ich auf der Speisekarte den perfekten Sommersalat für den kleinen Hunger in der mittäglichen Hitze: Einen Tomaten-, Gurken-, Mozzarella-Salat mit Basilikum, kalifornischem Olivenöl und Balsamessig, und dazu ein kleines rosa gebratenes Stück Rinderfilet von Tieren, die im Umland der kleinen Stadt weiden. Alles bio. Etwas Besseres an einem heißen Sommertag, so meine ich, habe ich schon lange nicht mehr gegessen. Also, alles ist bestens!

Viele Grüße

Hans-Peter Christoph

Redefluss

Beitrag von Gabriele Baier-Umgelter, Fotos von Ina Jander

Kürzlich in Banff. Wir hatten einen freien Tag.  Nachmittags setzte ich mich mit meinem Buch in die Sonne auf  die Steinstufen am Bow-River in der Nähe des Hotels. So schön, so gemütlich, so ruhig, ganz für mich alleine. Bis Jenny kam.

Mit den Worten: „Da ist schon jemand“ (auf deutsch )kam sie um einen Busch herum.

Ich: “   Du darfst gerne kommen“.

Sie, nach hinten rufend: “   Oh, Mama, da ist schon wieder jemand, der Deutsch spricht!“

Zu mir: „Meine Mutter sagt, sie ist extra aus Deutschland weg, um keine Deutschen zu sehen, jetzt treffen wir überall welche“.

Mhm.

Da ich schon eine Stunde auf meinem Plätzchen saß und einen Sonnenbrand befürchtete, sagte ich ihr, sie könne die Treppe jetzt ganz für sich alleine haben. Echtes Entsetzen in ihrer Stimme. „Nein, wieso denn, geh bloß nicht weg, wir können doch noch ein bisschen reden.“ Also gut, eine kleine Weile hielt ich es in der Sonne noch aus…

Und Jenny legte los! Sie breitete ihr ganzes junges Leben vor mir aus: Ihre Erfahrungen im Kindergarten, ihr Vorschuljahr in Kanada, die Sommerferien der letzten 4  Jahre, die Entstehungsgeschichte ihrer 5 Narben … Der Planet stach, Jenny hatte eine dieser praktischen Mützen mit angenähtem Genicklappen auf dem Kopf. .. die Verhältnisse der einzelnen Familienmitglieder untereinander, den bisherigen und zukünftigen Verlauf ihrer diesjärigen Kanadareise… Ihre Mutter schlief derweil auf einer Parkbank im Schatten, wie ich erfuhr.

Ihr Redefluss erinnerte mich irgendwie an einen Ausspruch meiner lieben Mitreisenden Hilde: „Je mehr Kaffee ich trinke, desto schneller rede ich“.

Nach einer Stunde wurde sie gerufen, man wollte weiter. Ich auch.

 

Liebe Jenny,

Erstens habe ich mich wirklich sehr gefreut, deine Bekanntschaft zu machen, du bist so ein aufgewecktes Kind! Zweitens: Fang bloß nie mit dem Kaffeetrinken an und drittens: Ich spüre meinen Sonnenbrand kaum noch.

Liebe Grüße

Ela

Geoposition vom 20. August 2013

Solange unser roter Bus noch im Zollhafen in Tacoma festsitzt sind die Positionsmeldungen des GPS-Tracking natürlich nicht so aussagekräftig. Als kleinen Ausgleich wollen wir nun hier im Blog regelmäßige Positionsmeldungen veröffentlichen, die uns Hans-Peter Christoph live von der Panamericana übermittelt, sofern er auf eine Internetverbindung zugreifen kann.

Beste Grüße vom System-Administator

„Gebrauchsanweisung“ für lange Busfahrten

Von Iris Pfitzer-Heine

Die USA, ein weites, riesiges Land mit großen Entfernungen. Wenn wir auf unserer Reise morgens die Landkarte studieren, um uns über die tägliche Route zu informieren, sehen die Strecken eigentlich immer ganz normal aus – nach deutschen Maßstäben.Tatsächlich aber entpuppen sie sich dann doch etwas länger als von uns Greenhorns gedacht. So ist zum Beispiel Montana, durch das wir die letzen Tage fuhren, so groß wie ganz West- Deutschland mit einer Einwohnerzahl von nur einer Million. Für unsere Verhältnisse unvorstellbar! Und es gibt immer etwas zum Betrachten, Fotografieren…

Aber einigen von uns genügt die Schönheit dieser Landschaft noch nicht, und sie begannen während der Fahrt zu stricken, denn „Frau“ ist ja „multitaskingfähig“. Mit dieser Tätigkeit steckten sie dann auch mich an, und so habe ich in den letzten 2 Wochen gelernt, Socken zu stricken. Bei längeren Fahrten ist es relativ einfach, sich zum Beispiel auf das Stricken eines Fersenkäppchen zu konzentrieren. Also werde ich gegen Ende dieser Woche mein erstes Paar selbstgestrickte Socken seit der Schulzeit hergestellt haben, und bedanke mich bei zwei meiner Reisegefährtinnen ganz herzlich für diese neue Fertigkeit.

Sollte nun jemand der Meinung sein, dass ich mich lieber auf die Landschaft konzentrieren sollte, nun, Stricken und Schauen lassen sich durchaus vereinbaren, und die Zeit vergeht dabei umso schneller!

Big Sky Country

Von Hilde Louis

wir vor einem 'Allesgeschäft'

wir vor einem ‚Allesgeschäft‘

So wird Montana genannt und wirklich, der Horizont scheint nicht enden zu wollen. Wir kommen von Lethbridge, ein letztes Städtchen vor der amerikanischen Grenze. Die Grenze erwarten wir mit Spannung, aber wie ihr schon wisst, haben wir auch das gemeistert. Der Officer war recht freundlich, und als er hörte, dass wir bis Patagonien unterwegs sein werden, da war ein „oh“ zu hören, und wir wussten, das würde er auch gerne machen. Aber die Grenze ist nun mal da!

Montana ist so groß wie Deutschland, hat aber nur knapp eine Million Einwohner, es ist ein weites Land. Seine Farben: ein milchig blauer Himmel, die Erde ein verblasstes Gelbgrün. Nur hier und dort taucht einmal eine menschliche Behausung auf, meist ein dunkelrotes „Holzhaus“ mit den typischen weißen Fenster- und Dachumrahmungen und dem schön gewölbten Dach. Manchmal entdecken wir windschiefe, graue Holzhäuser und Hütten, verlassen, aber sie werden bleiben, bis sie von selbst zusammenfallen. Montana ist Wheatland, weiße oder graue Silos weisen darauf hin.

Lange Zeit hinter der kanadischen Grenze bleibt  das Land flach. Der Winter muss kalt und schneereich sein,  auf den Feldern stehen Schneeschutzzäune und vor „gusty crosswinds“ wird gewarnt.

Später wird es hügelig, die Erde weiterhin gelbgrün, dann gleicht das Land einer Buckelpiste, in waagerechter Position natürlich.

Mehrmals machen wir einen Stopp, es ist heiß, weit über 30 Grad Celsius und wir bleiben dann immer ein klein wenig länger in den kleinen „Allesgeschäften“. Außer Postkarten, Süßem, Chips – jede Menge -, Sandwiches, Salaten, gibt es auch Coffee, „Cappuccino“ mit und ohne „flavor“, Zeitungen, und natürlich die letzten Neuigkeiten.

Dann irgendwann tauchen canyonartige Formationen auf und unser Blick geht auf die rechte Seite des Highway. Wir schauen auf Billings. Alles ist grün, es könnte fast ein Wald sein, der sich da ausbreitet. Aber nein, es ist tatsächlich Billings, eine der wenigen Städte in diesem großen Staat. Billings ist sehr angenehm, ca. 130 Jahre alt, es hat viele Backsteinhäuser.

Abends essen wir draußen auf der Terrasse eines Hotels, das von einem Deutschen erbaut worden ist, heute gilt es schon als „Historical Site“. Ebenso wie unser Hotel, das in den Fünfzigern erbaut wurde und also gerade mal 60 Jahre alt ist.

Am nächsten Morgen ist Markt, mitten auf der Kreuzung. Es gibt Gemüse, Obst, Marmelade – homemade – und Stände, an denen man gleich Leckeres essen oder trinken kann.

Wir hätten noch viel entdecken können in der Stadt, in der auch J. Steinbeck einen Tag länger blieb, als er mit Charly – seinem französischen Pudel – Amerika erkundete und sich NOCH einen Hut kaufte.

Reisebericht auf Geo.de

In Kanada wurde unsere Reisegruppe einige Tage vom Journalisten Philip Duckwitz begleitet, seine Artikel werde nun nach und nach in diversen Medien erscheinen.
Auf der online Seite des Magazins Geo ist sein Artikel gestern erschienen und wurde von der Redaktion zu einem der besten Artikel des Tages gewählt.
Viel Spaß beim Lesen!

Avanti Reisebericht Geo online

 

 

Back in The USA

Beitrag von Ina Jander

Heute verlassen wir Kanada und versuchen wieder, in die USA einzureisen. Nach den Erlebnissen mit US-Behörden während der letzten Wochen sind alle etwas beunruhigt.

Seit Anchorage sind wir mit den unterschiedlichsten Fahrzeugen unterwegs gewesen, zuletzt in zwei großräumigen Vans von amerikanischem Format, die von Uli und Hans-Peter selbst gesteuert wurden. Aber mit diesen Autos dürfen wir die Grenze nicht passieren, schon gar nicht mit „unseren“ beiden Männern am Steuer. Deshalb wurde ein bequemer Kleinbus mit Chauffeur gemietet, der uns von Calgary nach Billings, Montana bringen soll. Unser Chauffeur heißt Kevin, er trägt einen schwarzen Anzug, weißes Hemd  und weiße Handschuhe!!  Wir kommen uns vor wie die Tramps gegen ihn.

Das kanadisch-amerikanische Grenzgebäude ist mindestens so imposant wie seine Gegenstücke auf der Seidenstraße. Eine knappe halbe Stunde müssen wir mit dem Auto Schlange stehen (uns „von hinten anschlängeln“ wie Reza das nennen würde), dann sind wir an  der Reihe. Alle halten wir gehorsam unsere Reisepässe bereit, aufgeschlagen auf der Seite mit dem US-Stempel, den haben wir alle ja schon. Der Officer ist ein älterer Mann und so umgänglich und nett, wie man ihn sich nur wünschen kann. Nach nur 15 Minuten sind wir durch! Wenn er der zuständige Beamte im Hafengelände von Tacoma am Zoll gewesen wäre,  wir sind uns sicher, er hätte unseren Roten reingelassen.

Uli gesteht uns nachträglich, dass er schwerste Bedenken hatte, ob wir mit diesem kanadischen Kleinbus über die Grenze kommen würden, zu viel hat er in dieser Hinsicht schon erlebt. Aber das sagt er Gott sei Dank erst hinterher. Hilde Lahr, die aber eigentlich aus Eschweiler bei Aachen kommt: „Et es wie et es. Et köt wie et köt. UND – et es noch emme jut jejange!“

Marina, die mit ihrer Familie in den Siebzigern lange in den USA gelebt hat und nur die schönsten Erinnerungen mit dieser Zeit verknüpft, freut sich, endlich mal wieder in den Staaten zu sein. Hilde Meerbusch sieht sie versonnen lächelnd im Sitz zurückgelehnt: „So geht mir das auch oft – ich muss aufpassen, dass mein Grinsen nicht so breit wird, dass sich meine Mundwinkel oben am Scheitel treffen!“