Plaudereien aus dem Werkzeugtäschle (6)

Beitrag von Axel Lehmann

Weitere Merkwürdigkeiten in Südamerika…

Rastplätze gibt es nicht, nirgendwo – Punkt. Wenn wir picknicken wollen, gestaltet sich die Suche nach einem Rastplatz immer zum Abenteuer, denn es gibt sie ja eigentlich nicht. Auf der Panamerikana selbst, hier in Chile die Ruta 5, geht die Strecke durch ohne Punkt und Komma, eine Art Seitenstreifen gibt es nicht, die Bankette bricht kurz neben der Straße ab. In sehr seltenen Fällen kann man an einer Kreuzung auf eine geschotterte Nebenfahrspur ausweichen.
Auf Nebenstrecken haben wir manchmal mehr Glück, denn da walzen LKWs und Allradfahrzeuge schon mal die Bankette so platt, daß man ein Stück von der Straße herunterfahren kann. Außerdem ist da auch weniger Verkehr. Aber suchen müssen wir immer – und nicht immer finden wir ein so richtig nettes Plätzchen.

Handbürste: Ich hatte eine wunderschöne, kleine Reisehandbürste, die ich leider in einem Hotel vergessen habe. Seither versuchen wir in jedem Supermarkt, in dem wir einkaufen, eine Handbürste aufzutreiben – Fehlanzeige, jetzt schon vier Mal. Man schickt uns immer in die Farmácia. Dort ernten wir nur Kopfschütteln, und man rät uns zum Supermarkt. Mal sehen, wie das weitergeht.

Toilettpapier darf man in Südamerika nicht in die Toilette werfen (es stehen immer kleine Mülleimerchen neben der Toilette), deshalb bemühen sich offenbar die Hersteller desselben hierzulande darum, es so dünn wie irgendmöglich zu machen, damit es ja keinen Schaden anrichtet, sollte es dennoch versehentlich in die Kanalisation gelangen. Die Bestleistung der heimischen Papierindustrie habe ich im Hotel Marina in Antofagasta ausprobieren können. Das Papier war nicht nur fast durchsichtig, es war auch noch mit einer Prägung durchlöchert! Auch die vierlagige Anwendung schützte mich nicht vor dreckigen Händen.

Musik wird störend oft empfunden, dieweil sie mit Geräusch verbunden – reimte schon Wilhelm Busch. Hier wird man in jedem Restaurant mit reichlich Musik beschallt, man fühlt sich eher wie in einer Disco. Wenn dann unsere Gruppe noch mit reichlich 20 Personen einfällt, steigt der Lärmpegel durch unsere Unterhaltung schon mal bedrohlich an. Das scheint aber hier niemanden zu stören, hier erhöht es offenbar den Gemütlichkeitsfaktor, strapaziert aber unsere Stimmbänder.

Zebrastreifen waren in Peru eher ein zarter Hinweis für Fußgänger darauf, daß man auch dort die Straße überqueren kann. Die Autofahrer kümmerte das sowieso nicht – wer nicht rechtzeitig wegrannte, kam unter die Räder. In Chile ist das deutlich anders. Die Autos halten fast automatisch, man kann problemlos die Straßen überqueren. Sogar auf streunende Hund wird Rücksicht genommen, auch wenn sich nicht an Zebrastreifen halten. (In Antofagasto beobachteten wir einen Hund, der gelernt hatte, mit Ampeln zu leben, denn der Verkehr auf der Ruta 5 dirkt am Strand ist enorm. Nur wenn Menschen über die Straße gingen, ging er mit; sonst wartete er. Ganz schön clever.)

Der Zukunft weit voraus!

In Ergänzung zu Christians Fotos der Busfans hier noch ein Beitrag / Fotos von Hans-Peter:

Seit ein paar Tagen sind wir in Chile, und mittlerweile hat sich bei den Busfans im Lande herumgesprochen, welch ein Traumfahrzeug für kleine große Jungs hier in Südamerika unterwegs ist. Auf vielen Fanseiten auf Facebook und Seiten von Busfreaks werden Bilder von unserem Bus gepostet, und derjenige, der das Glück hat, den Bus zu sehen und zu fotografieren, wird von seinen Kumpels gefeiert.

Es ist tatsächlich so, dass wir (im Internet ist ja via GPS und aufgrund unseres „Fahrplans“ ersichtlich, wann wir wo sind) teilweise bereits am Ortsanfang von Fans erwartet werden, die die ersten Fotos schießen und uns dann zum Hotel folgen. Andere wiederum sehen am Bildschirm den Standort des Busses und kommen dann hin.

Gestern Abend war ein Fan da, der uns über 800 km nachgereist war, um uns zum wiederholten Male zu begrüßen. Er hatte ein Modell eines Busses mitgebracht, den es noch gar nicht gibt: einen Doppeldecker, der schon Designmerkmale der zukünftigen TopClass 500 von Setra trägt! Aber: Einen solchen Doppeldeckerbus gibt noch gar nicht! Höchstens auf dem Reißbrett von Setra. Dieses Zukunftsmodell ist auch nicht irgendein Fantasiebus, sondern er ist gestaltet in den Farben des traditionsreichen Schweizer Busreiseveranstalters „Marti“, der einen exklusiven Setra-Fuhrpark sein eigen nennt. Die Jungs sind also in jeder Hinsicht auf dem Laufenden und unserer Zeit schon weit voraus! Sagenhaft, oder?

Ich selbst habe jeden Tag die größte Freude an dem Bus, der klaglos die härtesten Pisten (Toli ist vor Sorgen schon um Jahre gealtert) nimmt und die höchsten Straßen der Welt (vorgestern auf 4300 m ü.M) hochschnurrt. Wirklich, es ist die reine Freude!

Hier ein paar Bilder des zukünftigen Doppeldeckers von Setra im Marti-Design und der chilenischen Busfans und Designer

Viele Grüße nach Deutschland

Hans-Peter

Plaudereien aus dem Werkzeugtäschle (5)

Beitrag von Axel Lehmann

Zurück zur Panamerikana…

Die Rückreise von Machu Picchu nach Cusco erfolgt wieder mit der Bahn, aber erst am Nachmittag, und so haben wir noch Zeit, das kleine, aber feine Museum zu besuchen, in dem die Ergebnisse der letzten Grabungen präsentiert werden. Natürlich kommt man da nur unter Vorlage des Passes hinein. Der muss komplett abgeschrieben werden und das dauert. Carlos handelt einen Deal aus: Wir hinterlegen die Pässe und das Eintrittsgeld und gehen schon mal in das Museum.
Das Museum liegt etwas außerhalb des Ortes und wir sind die einzigen Besucher. Die Präsentation ist sehr modern und anschaulich und eine gute Ergänzung zum Besuch in der Bergstadt.
Als wir dann fertig sind, sind auch tatsächlich unsere Pässe fertig und in jedem liegt das richtige Wechselgeld. Wer sagt’s denn…

Den Rest der Zeit bis zur Abfahrt unseres Zuges verbringen wir im geräumigen Garten unseres Hotel, denn der Ort Machu Picchu hat außer einem riesigen Basar mit Souvenir-Buden nicht viel zu bieten. Einige erfreuen sich noch einer Führung durch den hoteleigenen Orchideengarten.

Gegen 15 Uhr ist es dann soweit: Man nimmt Aufstellung, den Bahnhof zu stürmen. Jeder Zug wird einzeln abgefertigt, schon am Eingang wir kontrolliert. Dann nochmals vor dem Einstieg in den Wagon, dort natürlich unter Paßvorlage, dann darf man seinen Platz einnehmen. Weil ja an der Endstation ein ganzer Zug gefüllt wird, dauert das natürlich…
Kaum hat sich der Zug in Bewegung gesetzt, werden die Tische für den Snack gedeckt. Der Aufwand fürs Tischdecken schraubt die Erwartungen hoch. Was dann serviert wird, ist eher enttäuschend: Einige wenige Früchte, ein kleines Stück Kuchen (etwa 4 cm²) und ein Stückchen Pizza, ziemlich trocken und leicht ledern, aber auf Porzellan serviert.
Nachdem das Porzellan eingesammelt ist, bespaßt ein kostümierter Tänzer die Gäste und greift sich auch mal jemanden aus dem Publikum zum Mittanzen. Dann ist ein bisschen Pause bis zum Höhepunkt der Show: Unser Zugpersonal präsentiert als Mannequin und Dressman die Lamawolle-Kollektion der Perurail! Und ich muss sagen: Nicht schlecht – sowohl die Kollektion als auch die Präsentation.

Bleibt noch nachzutragen, dass Perurail die erste Eisenbahn ist, die ich kenne, bei der die Toiletten mit gerahmten Bildern von Pflanzen verschönert sind. Und in der die Reisenden die ganze Fahrt über mit Peruanischen Flötenmusik in erheblicher Lautstärke genervt werden.

Die Nacht wird kurz, denn der Bus holt uns um 4Uhr zum Flugplatz ab. Da der Flug geändert wurde, müssen wir alle selbst einchecken (mit Paß natürlich). Dann geht es über Lima nach Arequipa. In Lima können wir nicht einfach umsteigen, wir müssen erst raus und durch alle Kontrollen wieder rein, so dass wir bei einer Umsteigezeit von 45 Minuten den Anschluss gerade nicht verpassen. Im Flugzeug treffen wir noch Christian, der mit derselben Maschine unterwegs ist.
Und wer erwartet uns am Flughafen: Niemand. Und wir hatten uns so auf den großen Roten gefreut. Eine halbe Stunde später kommt dann unser neuer Führer Herrmann mit einem Kleinbus. Zum Glück haben wir nur Handgepäck dabei, sonst hätte der Bus wohl nicht ausgereicht.
Das Hotel, in das wir nun kommen, ist dafür Luxus pur, ruhig, aber nahe an der Stadt, geräumige Zimmer und sehr gutes Essen.

Ende gut – alles gut.

Plaudereien aus dem Werkzeugtäschle (4)

Beitrag von Axel Lehmann

Und Peru ist doch grün…

Während der kleinere Teil der Truppe brav der Panamerikana folgt, wollen die neugierigen Nasen (übrigens 12, nicht 13) das Peru der Anden zu erkunden. Das erste Ziel ist Cusco, wohin wir von Lima in einer guten Stunde mit dem Flugzeug gelangen.

(Eigentlich kann ich gar nicht aus dem Werkzeugtäschle plaudern, denn das ist im Koffer mit dem Schweizermesser und anderen spitzen Gegenständen geblieben, damit man es mir nicht bei der Sicherheitskontrolle abnimmt. Das Werkzeugtäschle fährt also die Panamerikana.)

Man sieht beim Flug von oben, wie sich die zunächst kargen Berge immer mehr begrünen, bis wir im grünen Tal von Cusco landen. Wir kommen gegen Mittag an und können uns ein bischen ausruhen, damit wir uns an die Höhe gewöhnen, denn wir sind von Null auf 3400m in einer Stunde katapultiert worden. Einige Tassen Cocatee helfen, aber der Sauerstoff ist knapp und wir japsen doch bei der Stadtführung, denn es geht dauernd rauf und runter.

Cusco war die Hauptstadt des Inkareichs, aber das kann man alles in Wikipedia nachlesen. Sehen kann man von den Inkas noch an vielen Stellen Grundmauern von Gebäuden, die die Spanier übriggelassen haben. Diese Mauern zeichnen sich dadurch aus, daß die Steine zwar unregelmäßig, aber fugenlos an- und ineinander gefügt sind. Wie die Inkas diese Bauweise mit dieser Präzision bewerkstelligen konnten, ist bis heute nicht ergründet, aber faszinierend anzusehen. Gut sehen können wir es im Franziskanerkloster, wo etliche Mauern gut erhalten sind.
Um den Hauptplatz herum brummt das Leben, vor allem ein Andenkenladen und ein Restaurant reihen sich an das nächste. Viele junge Rucksacktouristen fallen auf. Und leider geht auch sehr viel Autoverkehr durch die engen Gassen der Altstadt, was die Unesco unterbinden möchte; bisher aber wohl ohne Erfolg. Es ist nicht unbedingt eine Freude, durch diese Gassen zu laufen. Unser (sehr schönes, weil mit vielen Innenhöfen versehenes) Hotel liegt günstig („fußläufig“) am Stadtrand der Altstadt. Nach Einbruch der Dunkelheit ziehen wir uns zum Abendessen in unser Hotel zurück, während draußen ein Gewitterregen mit Hagel herunterprasselt, wie ich es selten erlebt habe. Das Wasser läuft in Bächen die Straßen herunter. Es regnet immer noch, als wir ins Bett gehen.

Es ist Sonntag, als wir ins Umland von Cusco aufbrechen. Die Universität von Cusco macht eine Aufnahmeprüfung, 8000 Kandidaten sollen angereist sein, die halbe Stadt ist gesperrt und wir müssen einige Umwege fahren, um aus der Stadt herauszukommen. Von einem Aussichtspunkt können wir das große Tal überblicken, das heute vollständig von Cusco ausgefüllt ist. Wir fahren hinab ins Urubambatal, wobei wir noch diverse Inka-Ausgrabungen besichtigen. Das Wetter ist warm und leicht bewölkt. Als wir nachmittags in unserem Hotel am Urubamba ankommen, regnet und hagelt es prompt wieder. Es hagelt so stark, daß der Rasen komplett weiß ist; aber nach einer Stunde ist der Spuk verschwunden und es hat sich erstaunlich wenig abgekühlt.

Montag ist dann der Tag der Tage: Wir wollen Machu Picchu erklimmen. Zunächst fahren wir zur Bahnstation, um mit Perurail in einem Aussichtswagon entlang des Urubamba zum Ort Machu Picchu zu fahren. Unser Zug fällt aus, weil die Lok kaputt ist. Das ist aber kein Problem, die Wagons werden einfach an den nächsten Zug angehängt. So kommen wir mit nur 40 Minuten Verspätung an. Die Fahrt entlang des Urubamba führt durch ein grandioses Tal, bei dem sich die Vegetation langsam von Bergland zu Dschungel verändert, denn Machu Picchu liegt bereits an der Grenze zum Tiefland des Amazonas. Die Fahrt ist sehr gemütlich, wir brauchen eineinhalb Stunden für gut 40km.

Mit einem Shuttlebus geht es in 20 Minuten zum Eingang der Inkasiedlung Machu Picchu (wie die Inkas den Ort wirklich nannten, weiß man nicht). Man kann auch zu Fuß hochsteigen: 400 Höhenmeter sind auf einem knapp 2km langen Weg zu meistern. Am Eingang erwartet uns zunächst die obligatorische Paßprozedur (siehe unten). Dann erklimmen wir einen Aussichtspunkt und unter uns liegt das eigentliche Ziel unserer Begierde: Machu Picchu. Umrahmt von den nahen, steilen und teilweise höheren Bergen bietet diese Siedlung wirklich einen atemberaubenden Anblick. Ein paar Kilometer weiter hängen dicke Regenwolken an den Bergspitzen, wir sehen den Regen, hören den Donner und stehen selbst in strahlenden Sonnenschein.
Lohnte sich die Mühe des Umwegs? Ja, unbedingt – diese Siedlung gepaart mit der umgebenden Landschaft ist mit nichts vergleichbar, was ich bisher gesehen habe.
Drei Stunden lang erkunden wir das Terrain mit unserem sachkundigen Führer Carlos, der mit viel Fachkenntnis und Engagement uns das vermittelt, was man bisher an einigermaßen gesicherten Erkenntnissen gewonnen hat, denn viel weiß man von den Inkas bis heute nicht. Als der Himmel dann völlig zugezogen ist und der Regen sich uns soweit genähert hat, daß wir überlegen, unsere Regenschirme zu aktivieren, fahren wir wieder mit unserem Shuttlebus hinunter und gehen zu unserem Hotel.
Da unser eigentlich gebuchtes Hotel überbucht ist, sind wir im besseren Inkaterra Pueblo Hotel untergebracht, das erste Haus am Platz, ausgestattet mit Bungalows, gelegen in einer dschungelartigen Anlage. Wir genießen 5-Sterne Komfort inklusive einem lukullischen Abendmenu, das einen einmaligen Tag vollendet abrundet.

Und Peru ist noch anders…

In jedem Hotel müssen wir erst einmal unsere Pässe abgeben, die genau inspiziert und photokopiert werden. Und wehe, es fehlt die „Tarjeta Andina de Migratión“ – das ist eine zusätzliche Bescheinigung, ohne die der Stempel im Paß wertlos ist – dann wird sofort nachgefragt. Meist müssen wir die Pässe abgeben und erhalten sie erst zum Abendessen zurück. Aber neben der Bürokratie gibt es auch gute Seiten: In Peru haben Doppelzimmer automatisch zwei Betten. In ganz Peru hatten wir keinen Zimmerwechsel!

Aber auch bei der Bahn Perurail brauchen wir den Paß, denn die Fahrkarten sind personalisiert und man kommt nur zum Zug, wenn man sich mit Paß ausweisen kann. Diese Züge sind ausschließlich für Ausländer, die Einheimischen benutzen andere Züge, die wesentlich billiger, aber auch einfacher sind (und die Ausländer nicht benutzen dürfen).

Und für Machu Picchu sind die Eintrittskarten natürlich auch personalisiert und man kommt ohne Paß nicht hinein, sogar für das Machu Picchu Museum mußten wir unseren Paß hinlegen. Bei Machu Picchu ist das noch verständlich, denn früher wurden die Karten weiterverkauft oder ein schwunghafter Schwarzhandel betrieben; das hat man mit dieser Regelung unterbunden – komisch mutet es trotzdem an.

Mal sehen, welche Erfahrungen in Chile auf uns warten.