Das Nähkästchen macht Grenzerfahrungen

Beitrag von Heidi Bisang

Liebe Leserinnen und Leser

12 mal musste das Nähkästchen bis jetzt eine Landesgrenze passieren, es fehlt nur noch die Argentinische (bitte Daumen drücken, dass auch die letzte Aus- bzw. Einreise flüssig von sich geht) – und dann natürlich nach einem langen Nachtflug die allerletzte Einreise in Frankfurt. Im Großen ganzen kamen wir recht flüssig über die Grenzen, denn für die Zöllner sind wir jeweils eine echte Herausforderung. Normal ist, dass Ausländer aus nicht Nachbarländern per Flugzeug ankommen und nach ein paar Tagen auch wieder ausfliegen. Und jetzt kommt da ein Bus mit 15 bis 24 Europäern auf der Landstraße an den Zoll und möchte einreisen. Da ist jeder Zollbeamte überfordert, denn welches ist nun der Vor- und welches der Geschlechtsname und heißt „Schweizerische Eidgenossenschaft“ (und das in 4 Sprachen) wirklich Suiza und wo bitte liegt das? Alemana geht ja noch aber Suiza?? Noch nie gehört! Zettel müssen ausgefüllt werden mit Name, Vorname, Passnummer (die kenne ich mittlerweile auswendig), Grund der Reise etc. etc. Dann wird der Pass gescannt und schon bekommt man den Einreise- bzw. Ausreisestempel. Bei der Einreise bekommt man zusätzlich meist einen Zettel – ebenfalls mit Stempel, den man auf gar keinen Fall verlieren darf, denn den braucht’s dann wieder bei der Ausreise. Das ganze Prozedere dauert so zwischen 1 ½ und 3 Stunden, je nachdem wie rasch der Bus abgefertigt wird. Für diejenigen, die schon bei der Chinareise dabei waren, gilt das als schnelle bis sehr schnelle Abfertigung, für die Neulinge war die erste Grenzüberquerung eine ganz neue und ziemlich befremdliche Erfahrung. Bald haben wir aber alle gemerkt, dass nur geduldig anstehen zum Ziel führt und oft haben die Zöllner noch einen zweiten oder gar dritten Schalter geöffnet für uns „Exoten“. Und freundlich waren sie ausnahmslos alle.

Die verrücktesten Grenzpassagen erlebten wir in Mittelamerika, die will ich Euch nicht vorenthalten. Bei der Einreise in Mexico in Baja California war der mexikanische Zoll verwaist (wahr wohl grad Mittagspause) und unsere Mittel- bzw. Nordamerikagruppe konnte einfach durchmarschieren, grad so wie wir das von Europa gewohnt sind. Bei der Ausreise sollte sich das dann allerdings rächen, denn da monierte dann der Zoll den fehlenden Einreisestempel. Die Pässe wurden alle kopiert und via Interpol (so munkelte man) auf ihre Echtheit geprüft. Dass der ganze Reiseverlauf mit allen Daten vorlag nützte nichts, es hieß warten und zwar in der brütenden Mittagshitze. 1 ½ Stunden dauere das, wurde uns von den Beamten verkündet und da in Mexico jede Stunde etwa 120 Minuten hat, warteten wird dann prompt 3 Stunden auf die erlösenden Stempel. Zum Glück haben wir dann unsere Pässe genau geprüft, denn natürlich fehlten in 3 Pässen der begehrte Ausreisestempel (der sofort nachgeliefert wurde) – ist ja auch schwierig etwa 15 Pässe genau zu stempeln, oder !! Zu Fuß (das Gepäck wurde von Trägern auf Handkarren geliefert) ging’s dann in immer noch brüllender Hitze etwa einen Kilometer bergauf zum Guatemaltekischen Zoll. Die letzten mexikanischen Batzen konnten wir dort gegen guatemaltekische wechseln und uns Wasser kaufen, denn der Durst war mittlerweile groß. Dort ging’s dann ganz flüssig voran und etwa eine halbe Stunde später konnten wir unseren (neuen) Bus besteigen, der uns bis nach Panama gefahren hat.

Der absolute Hit war dann die Einreise nach Panama. Der Bus brachte uns an die Costa Ricanische Grenze, wo wir mit unserem gesamten Gepäck zu Fuß durch den Zoll mussten. Unsere Ausreisestempel bekamen wir recht flüssig und dann standen wir vor einer altersschwachen ehemaligen Eisenbahnbrücke, schätzungsweise etwa 200 Meter lang und total marode, rostige Schienen auf löchrigen Holzlatten (in die Löcher hätte bequem ein Bein gepasst), daneben eine neue Brücke für Autos – allerdings fuhren da keine. Die Fußgänger – also wir –mussten aber über die alte Brücke balancieren. Ich hatte Glück, ein Gepäckträger nahm meinen grossen Koffer auf die Schultern und schwankte vor mir her. Mein einziger Blick galt ihm, denn wenn die Brücke ihn trägt, komme ich auch heil rüber, war mein einziger Gedanke und folge ihm mit Rucksack und kleinem Köfferli in gebührendem Abstand über die löchrigen Latten. Auf der Panameischen Seite war dann wieder Zettel ausfüllen und Einreisestempel fassen angesagt. Dann durften wir unsere ganzen Habseligkeiten über eine lange Treppe den Bahndamm hinunter wuchten und zu einem Minibus karren (zum Glück haben die heutigen Koffer Räder). Anstatt in den 2. Minibus einzusteigen (wir fuhren damit nur zum nächsten Hafen, denn wir logierten die ersten 2 Nächte auf einer Insel) mussten wir zuerst noch unter dem Bahndamm durch zu einem neuen Schalter und nochmals unsere Pässe zeigen samt Flugticket als Beweis, dass wir das Land auch wirklich wieder verlassen werden.

Seit 3 Wochen reisen wir nun durch die Wüste, denn diese ging nach der Einreise in Chile weiter. Erst wenn wir dann nächste Woche nach Santiago kommen, wird auch das Klima anders und die Landschaft wieder grüner. Ich hätte nie gedacht, dass ein so riesiger Teil Südamerikas aus Wüste besteht. Dass es da die Atacamawüste gibt, ja das war auch mir bekannt, aber, dass die a) soooo riesig ist nicht und dass es b) daneben noch viele andere Wüsten gibt, habe ich nicht mal geahnt und dass diese Landschaften so spektakulär sind natürlich auch nicht. Oft gleich nach der Küste (von wenigen Metern bis wenigen Kilometern Breite) geht’s hoch in/über die erste Kordilleren (oft bis gegen oder über 2000 Meter hoch) und über Hochebenen weiter südwärts. Sand, Steine, Felsen wechseln sich ab, genauso auch die Farben, beige, grau, grünlich, rötlich, gelblich in allen denkbaren Nuancen, unglaublich.

Die Küche ist weniger abwechslungsreich wie die Landschaft. An der Küste gibt’s außer Fisch noch Fisch oder Fisch, dazu Meeresfrüchte und wer das nicht mag bekommt Huhn. Zur Ehre der chilenische Küche sei vermerkt, der Fisch ist oft sehr gut zubereitet. Das Frühstück wird südwärts von Ort zu Ort frugaler, offenbar frühstücken die Chilenen kaum. Der chilenische Wein ist dafür durchwegs sehr gut und den genießen wir natürlich täglich. Ein Prosit Euch allen, liebe LeserInnen.

Chile scheint nicht so arm zu sein wie Peru (die Minen machen’s möglich), die Preise sind entsprechend auch etwas höher (für uns aber noch immer sehr erschwinglich). Die Geschäfte sind jetzt überall weihnachtgeschmückt und Jingle Bells tönt durch alle Supermärkte. Für uns fast nicht fassbar, Weihnachten in den Sommerferien, dazu gehört doch Kälte und Schnee.

Jetzt wünsche ich Euch allen eine schöne vorweihnachtliche Zeit, wenn’s geht ohne Stress. Sigrid, sorry, ich weiß, ich war etwas schreibfaul. Die Zeit war oft auch knapp und das Internet manchmal sehr mühsam, soviel zu meiner (faulen) Ausrede. Heute aber sitze ich in einer Großen Ferienanlage im Garten und schreibe mal wieder in aller Ruhe. Wir haben alle kleine Ferienhäuschen mit Küche, Wohnzimmer, 2 Schlafzimmern (bei mir mit total 7!!! Betten) und einem herrlichen privaten Sitzplatz.

Seid alle ganz herzlich gegrüßt, hasta luego

Heidi