Text von Adelheid, Fotos von Ina
Am Sonntag war frühes Aufstehen angesagt, denn wir wollten rechtzeitig um 8.30 Uhr im Museum eintreffen. Wie immer saßen wir pünktlich im Bus und schafften es, direkt zu Öffnungsbeginn, noch vor dem großen Ansturm, das Gelände zu betreten.
In einem schön angelegten Park befinden sich drei große Ausgrabungshallen und ein Museum. Geschickt werden die Besucherströme hinein- und hinausgeleitet, so dass ich nie den Eindruck von Gedränge oder Enge hatte. Alles wird sehr sauber gehalten, ständig gehen Reinigungskräfte mit Besen und Schaufel herum und, wenn man sich suchend nach einem Papierkorb umsieht, weisen einen andere Besucher schnell darauf hin. Immer wieder fiel mir bei unseren vielen Besichtigungen auf, wie sehr die Chinesen ihre Denkmäler pflegen und sauber halten.
Der Anblick der kampfbereiten Krieger in Schlachtordnung mit Pferden und Wagen ist wirklich überwältigend. Insgesamt soll eine lebensgroße Armee von über 20 000 Soldaten, Offizieren und Kommandanten unter der Erde begraben worden sein, um die Grabstätte des ersten chinesischen Kaisers, Qin Shihuangdi, vor über 2000 Jahren zu schützen. Er einte als erster nach blutigen Kriegszügen das chinesische Reich, schuf durch Vereinheitlichung von Maßen, Währung und Schriftsprache eine effiziente Verwaltung, ließ Straßen und Kanäle anlegen, war aber auch ein grausamer Tyrann, der entweder Angst vor Verfolgung im Totenreich hatte oder sich mit Hilfe der Armee in diesem Reich Unsterblichkeit verschaffen wollte.
Durch Zufall wurden 1974 die ersten Bruchstücke entdeckt und seitdem in mühsamer Arbeit von den Archäologen ausgegraben und zusammengesetzt. Besonders eindrucksvoll ist die Tatsache, dass jeder Soldat andere Gesichtszüge zeigt und dass jedes Detail an Frisur, Kleidung, Rüstung bis hin zu den Schuhen aufs Feinste ausgearbeitet ist. Holz ist zwar vergangen, aber hat Abdrücke hinterlassen, Bronzewaffen sind gut erhalten, wie wir im Museum feststellen konnten, wo sich auch zwei kleine bronzene Kutschen mit Pferden befinden.
Unglaublich sind der Machtwille des nur knapp 40 Jahre alten Kaisers und die Logistik, die hinter dieser gewaltigen Grabanlage steckt. Jahrelang haben unzählige Arbeiter dafür in einer extra angelegten Stadt gearbeitet, viele sind dort auch gestorben. Soll man dieses Werk nun bewundern oder verurteilen?