Die Sicht des Reiseleiters

Beitrag von Uli L. (… laufend)

am Meer

Samstag 7.9. 6 Uhr … die ersten Sonnenstrahlen treffen auf meinen kleinen Schreibtisch. San Diego schläft noch – das „Gaslamp-Quarter“ liegt unter meinem Hotelzimmer. Wenn ich mich aus dem Fenster lehne, kann ich das Meer sehen … die Schreie der Möwen lassen das nahe Meer erahnen …. In einigen Stunden reist die Reisegruppe nach Mexico weiter und meine Arbeit als Reiseleiter des „Nordamerika“-Abschnitts der Busweltreise ist beendet.

44 Tage sind vorbei, 44 Tage, die ich 2 Jahre lang geplant habe.

Die Tage begannen früh. Sobald es hell wurde, habe ich die Laufschuhe geschnürt und eine Stunde ganz für „mich“ verbracht: Der frische Geruch nach Seetang am „Cook Innlet“ (Bay von Anchorage) ist mir noch im Sinn … dann habe ich die Weite des Denali Nationalparks unter meinen Füßen gespürt. In Fairbanks mußte ich einen großen Umweg laufen, um zum Hotel zurück zukommen: Ein langer Güterzug blockierte die Bahngleise. Die morgendliche Kühle beim Lauf in Dawson City entlang des Yukon Rivers hat mich überrascht.

44 Tage … 11.000 Kilometer … Routenplanung … wie passt das „Fahren“ mit der Freizeit … wo sind die besten Stopps …?

Ein Morgenlauf im Regen … am Muncho Lake ist es zum ersten Mal naß vor der Tür … schön das eine heiße Quelle anschließend zur Entspannung beiträgt. In Jasper begleitet mich ein großer schwarzer Rabe ein Stück des Weges. Am Bow River in Banff führt der Trail bis zu einem Wasserfall – atemberaubend.

44 Tage … 23 Hotels … es mußte etwas besonderes sein … meine Lieblinge: der „rustic“ Charme der Holzcabins im Yellowstonepark, das verstaubte Ambiente des Royal Inns …. oder doch lieber die mondäne Talkeentna Lodge?

Laufen in Lethbridge … hier wurde im 19.Jahrhundert Whiskey geschmugelt. Fast hätte ich mich auf den verschlungenen Pfaden hinein und hinaus aus den Tälern verlaufen. In Billings entdecke ich am frühen Morgen den alten Bahnhof – und auch eine andere Seite der amerikanischen Gesellschaft: viele „homeless people“ nutzen diese Gegend zum Übernachten …. freundlich winken sie mir zu. Mein persönliches Lauf-Highlight erlebe ich im Yellowstone Nationalpark. Wir wohnten direkt am Old Faithful Geysir. Am frühen Morgen ist es dort menschenleer. Die Nebelschwaden der kleinen aktiven Geysire ziehen durch die Landschaft, es blubbert und brodelt. Ein Walkway leitet mich durch diese Schönheit.

44 Tage … frühstücken … mal deftig und heftig, Eier, Eier, Eier, Bacon und Kartoffeln. Dazu gelegentlich ein Berg von Plastikmüll, der uns mal wieder zeigt: wir sind in Amerika.

Im Monument Valley und auf den (Lauf-)Spuren von Forrest Gump …. ich entdecke die Stelle an der der Protagonist das Laufen aufgegeben hat … ich laufe weiter …. In der dünnen Luft am Grand Canyon fällt das Laufen schwer … aber auch dieser Lauf ist einfach phantastisch: direkt am Rim entlang, die Nebelschaden ziehen durch den Canyon, die Sonne kämpft sich durch … the scenery is at a grand scale …

44 Tage … picnic … immer wieder entdeckten wir in schönster Landschaft herrliche Picknickplätze. Wer schon mal mit Avanti gereist ist, weiß, wie schnell sich so ein prima Imbiß zaubern läßt.

In Las Vegas ist es auch am frühen Morgen zu heiß zum Laufen – aber jedes Hotel hatte ein Fintneßcenter … auf dem Laufband – im Hinter- und Vordergrund riesige Fernsehbildschirme. Bishop/Kalifornien, endlich wieder raus auf die Straße, schöne Vorgärten (alle ohne Zaun) säumen meinen Weg.

44 Tage … diner … von wegen fast-food, nirgendes auf der Welt kann man besser essen als in Amerika … die Ansammlung von vielen Nationen auf diesem Kontinent hat eine große Auswahl an kulinarischen Köstlichkeiten hier hergebracht. Ein Abendessen leckerer als das andere … als Ambiente mal die Sicht auf den Mount McKinley, eine alte Holzfällerstube, das Rauschen des Pacifics ….

Weitere Laufrunden: San Francisco, natürlich durch den Golden Gate Park bis zum Meer, am nächsten Tag dann noch einmal von der Fishermans Warf bis zur Golden Gate Bridge. Zum Abschluß noch zwei schöne Läufe am Meer: Auf der Straße der Ölsardinen (Monterey) und entlang des muscule beaches (St.Barbara).

44 Tage – eine Reise, die in dieser Länge auch in meinem Reiseleiterleben etwas besonders war. Eine Reise von Nord nach Süd, die schöner nicht mehr geht. Dazu eine liebenswerte Reisegruppe, die sich mit einer ordentlichen Portion an Abenteuerlust und Neugier auf diese Reise eingelassen (und hoffentlich auch genossen) hat. Take care, folks!

3 comments to Die Sicht des Reiseleiters

  1. Was für eine wunderbare Bilanz! Danke fürs Teilen mit den Daheimmitreisenden…

  2. Philip sagt:

    Schönes Resümee Uli! Auch wenn ich Dich nur ein Stück auf dieser Tour begleitet habe, stimme ich Dir voll zu – diese Route mit ihren vielen Erlebnissen ist einzigartig!

  3. Hans-Peter sagt:

    Lieber Uli,

    ich freue mich sehr, Dein Resümee zu lesen! Wir alle haben uns mit Deiner Betreuung und Begleitung sehr wohl gefühlt und gespürt, mit welcher Begeisterung Du in Nordamerika zu Hause bist. Grandios war Deine umsichtige Planung und Vorbereitung des Ganzen, die spontanen Improvisationen, als sie notwendig wurden, das nimmermüde Dir-Gedanken-Machen über die großen wie die kleinsten Details, seien es Hotels, Picknickplätze, ein Abend am Seeufer, der Tanz der Indianer, Thelma & Louise in Moab, die Nachtwanderung und das Lagerfeuer im Yellowstone-Park, eben genau das Richtige zu tun am richtigen Ort. Deine wunderbare Routenplanung und das präzise Timing, Highlights zu setzen und vor allem auch Ruhephasen, die bei einer derart langen Reise so wichtig sind für die Aufnahme und das Verarbeiten der fremden Dinge. Das alles so unauffällig gesteuert von lockerer, unsichtbarer Hand – das war größte Dramaturgie und meisterliches Können! Bei Dir müsste man Reiseplaner in die Lehre schicken!

    Falls wir wieder einmal nach Nordamerika kommen, dann nur mit Dir!

    Viel Spaß daheim und „unterwegs!“
    Hans-Peter

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