Ausflug nach Maragheh

Wegen einer Regierungskonferenz in unserem Superhotel in Isfahan bleiben wir einen weiteren Tag in Täbriz und werden dafür nur einmal im Wallfahrtsort Mashad nächtigen.
Wie sollen wir diesen geschenkten Tag verbringen?
Um 9.30 Uhr treffen wir uns im Bus, für uns ist es eine Fahrt ins Blaue, nur Reza kennt das Ziel. Er lotst uns am Urümyehsee vorbei, dem „mindestens zweitgrößten Salzsee der Welt“, über Bonab nach Maragheh.
Reza beantwortet uns unterwegs geduldig viele Fragen zum Iran. Über das Gesundheits- und das Bildungssystem, über die bevorstehenden Wahlen und wie die Kandidaten sich bekannt machen, über das durchschnittliche Einkommen von ca. 100 €, über Mieten und Wohneigentum, über die Möglichkeit von Ausländern, Eigentum zu erwerben und wie es vererbt wird, und, und, und. Ja, als einer dieser berüchtigten Saipa-Fahrer ein besonders verwegenes Überholmanöver macht, beantwortet er uns auch die Fragen zum iranischen Organspendeausweis.
Ab und zu müssen wir an einer Polizeistation halten und unsere Tourenkarte abstempeln lassen. Das erinnert an die Bodenseerundfahrt oder die Wanderung nach Santiago de Compostela.

Maragheh bedeutet Dorf der Viehweide, aber nicht dafür ist die Stadt bekannt, sondern für ihre Grabtürme, von denen noch vier erhalten sind. Wir werden von Alizadeh erwartet. Er erklärt uns die Architektur und Geschichte der Türme auf Farsi, Reza übersetzt und ergänzt. Alles ist interessant, aber auch anstrengend, so beschließen wir, die Besichtigungen ein wenig abzukürzen und stattdessen ein Lokal anzusteuern, eine Kleinigkeit zu essen, um dann später den Rest des Tages noch in Täbriz zu verbringen.
Die „Kleinigkeit“ besteht aus Salat, einer sehr feinen Graupensuppe, Platten mit Hühnchen und verschiedenen Lammgerichten und dem Reis, über den ich in einem Reiseführer gelesen hab, wer den einmal probiert hat, ist für andere Reiszubereitungen verloren. Den Joghurt hab ich für den Nachtisch gehalten, doch er war mit Schalotten angemacht. Nun, Lamm war noch da, und in dieser Kombination hat er gar köstlich gemundet.
Bei der Bezahlung haben wir uns in unserer Gruppe sehr schnell darauf geeinigt, einer bezahlt alles, und im Bus wird die Summe durch die Anzahl der EsserInnen geteilt. Es wäre auch wirklich albern, wenn wir, die wir uns diese tolle Reise leisten können, anders verführen. Denn bei diesem Essen mußte jeder 160.000 Rial bezahlen, vier Euro, für uns der Preis von einem Glas Wein. Für den durchschnittlichen Iraner dagegen 4 % seines Monatseinkommens.

Auf der Rückfahrt fährt Hans-Peter mit seinem Wägelchen durch den Gang und bietet den von Christian bereiteten Busfahrerkaffee an. Ina verteilt Ghorabiyih, das sind wunderbare, große Pistazienplätzchen. Wie der Bischof in der vollbesetzten Kirche beim Weihnachtsgottesdienst passen die tatsächlich in unsere Bäuche noch rein.
Nach gut sieben Stunden und 300 km Busfahrt erreichen wir unser Hotel.
Christian verursacht beim Rückwärtseinparken in die schmale Toreinfahrt einen Stau, erntet aber kein wütendes Hupkonzert, sondern bewundernde Blicke ob seiner Fahrkünste.

Eine schöne Tour – Der „verlorene“ zweite Tag im heiligen Mashad wäre sicher nicht schöner gewesen.

Achim Hudewentz