Etwas für Zwischendurch…

Jemand da? Wie schön! Für alle, die auch jetzt, wo der Bus auf dem Frachtschiff unterwegs nach Alaska ist, ab und zu in den Blog schauen, haben wir ein hübsches Video vom Weltreisebus auf der Seidenstraße. Die spektakuläre Gegend ist im Westen Chinas in der Nähe von Turfan. Viel Spaß beim Anschauen und danke für Eure Treue!  Zum Video

Die längste Etappe

von Hans-Peter Christoph

Gestern Morgen in Shanghai war die Welt noch in Ordnung. Um halb sieben gingen wir runter zum Frühstück und bestellten auf halb acht ein Taxi, das uns zum Flughafen bringen würde. Pünktlich fuhren wir los, erreichten ohne Staus den Flughafen, hatten dort noch massig Zeit, bis unser Flieger ganz nach Plan um 11.55 h Ortszeit abhob. Pünktlich erreichten wir nach knapp 12 Stunden Flugzeit um 18.05 h MEZ Frankfurt.

Mit etwas Glück würden wir den Zug nach Freiburg um 18.53 h schaffen, der um 22.15 Uhr in Freiburg ankommen würde. Dachten wir. Dann würde es auch noch für ein kleines Bier im „Babeuf“ in der Nachbarschaft reichen.

Um 18.40 h sind wir auch schon am Schalter der Bahn, um unser Ticket nach Freiburg zu lösen. „Nehmen Sie den Zug um 19.53 h, der, der jetzt fahren soll, hat Verspätung und Sie erreichen den Anschluss in Mannheim nicht“, rät uns der freundliche Mann am Schalter. Machen wir, keine Frage, stärken uns in einem Bistrot und sind rechtzeitig am Gleis 5. Dort erfahren wir, dass der Zug um 19.53 h fünfundzwanzig Minuten Verspätung haben wird. Kein Problem, das kann vorkommen. Mit 25 Minuten Verspätung fahren wir auch gegen 20.20 h los, um dann gegen 21 Uhr aus unserem Dämmerschlaf gerissen zu werden. Denn mit der Zeitverschiebung sind wir mittlerweile bereits 27 Stunden auf den Beinen. Es rattert und schlägt, unschwer ist festzustellen, dass die Oberleitung gerissen ist, denn Kabel schlagen gegen Dach und Scheiben. Der ICE stoppt.

Und fährt auch für Stunden nicht mehr weiter. Um 1.10 h schließlich steht ein Nahverkehrszug auf dem Nebengleis bereit, die Reisenden des ICE nach Biblis zu bringen. Dort wartet ein anderer ICE, der schließlich gegen 3 Uhr morgens los fährt. Um 5.30 h sind wir endlich in Freiburg.

Das ist einfach nur genial. 65 Tage waren wir über 15 000 Kilometer quer durch zwei Kontinente unterwegs. Mit der Präzision einer Schweizer Uhr (wir hatten ja auch einige Schweizer dabei) hielten wir den Zeitplan Abschnitt für Abschnitt, Etappe für Etappe, Besichtigung für Besichtigung und Programmpunkt für Programmpunkt nahezu auf die Minute genau ein, selbst wenn wir dazu, wie an der usbekischen Grenze, einen fremden Bus anmieten mussten. Aber mit Hilfe der Bahn schafften wir es, auf den letzten 250 Kilometern von Frankfurt bis Freiburg unsere erste und einzige Verspätung, und dann gleich für siebeneinhalb Stunden, hereinzufahren.

Filmbeitrag: DB

Anmerkung der Redaktion: Willkommen zu Hause, mit allem, was dazu gehört – selbst die Verspätungen der DB. Schön, dass Ihr wieder hier seid!

 

Die Ruhe nach dem Sturm

von Hans-Peter Christoph

Fotos in diesem Beitrag: Hans-Peter Christoph und Ina Jander

Jetzt sind alle weg. Abgereist aus Shanghai. Teil 1 der Weltreise, die Fahrt von Europa quer durch Asien auf der Seidenstraße und bis an den Pazifik, geht zu Ende. Manche haben ihren Aufenthalt verlängert, sind nach Peking gefahren oder machen eine Kreuzfahrt auf dem Jangtse. Eine Teilnehmerin reist mit dem Frachtschiff zurück, aber die meisten sind ins Flugzeug gestiegen und befinden sich nun in der Luft oder sind bereits gelandet. Ina und ich bleiben noch einen Tag in Shanghai. Der Bus steht im Hafen und ist bereit für die Verschiffung nach Alaska. Ein paar Dinge sind noch zu erledigen und dann ist erst einmal Durchatmen angesagt.

Ja, es war eine schöne Reise, die, wie nicht anders erwartet, auch ihre anstrengenden Momente hatte – das war auch bei den beiden vorhergehenden Reisen über Land nach China nicht anders: eine solche Reise bucht man nicht, wenn man eigentlich einen  Erholungsurlaub bräuchte. Gute 65 Tage waren wir unterwegs, mit Höhen und Tiefen, guten und weniger guten Hotels, freundlichen, entgegenkommenden, aber auch Bestechungsgeld fordernden Zöllnern. Mit Polizisten, die uns dieses Mal kaum in die Tasche griffen, mit Landschaften, die uns teilweise den Atem raubten in ihrer Unendlichkeit, Weite und Kargheit ohne menschlichen Eingriff und ohne jede Bebauung über Hunderte von Kilometern. Diese unberührten Landschaften findet man in Europa nirgendwo mehr. Wüsten und Steppen sind für mich persönlich immer das Schönste. Ich könnte tagelang nur durch die Wüsten von Persien kreuzen und fahren und schauen und fahren und schauen, oder durch Kasachstan oder durch die schwarze Gobi, so geht mir jedes Mal das Herz über. Es war auch dieses Mal wieder wunderbar. Ich bin gespannt, was uns in dieser Hinsicht in Südamerika erwartet …

Wie immer gab es die Anspannung, wenn wir an Grenzen kamen und wir nicht wussten, wie die Zöllner uns hinhalten würden. Dieses Mal waren es die Usbeken, die einen neuen Rekord aufstellten, indem sie uns vier Tage lang die Einfuhr des Busses verwehrten. Es war unter diesen Umständen nicht immer ganz leicht, das jeweilige Tagesprogramm im Auge zu behalten, die Abläufe für Besichtigungen zu koordinieren, Pausen und ausreichend Ruhephasen zu gewährleisten. Dazu kam, dass es einige Hotels gab, die zwar den besten örtlichen Standard bedeuteten – aber weit von dem entfernt waren, was man bei uns unter einem guten Hotel versteht. Darauf hatten wir zwar immer wieder hingewiesen, aber nach einem an den Nerven zerrenden, langen Tag an der Grenze kam es doch zu manchen Enttäuschungen. Umso schöner war es dann, dass bald darauf wieder alle friedlich und fröhlich beisammen saßen und schließlich in China einige Hotels doch besser als erwartet waren und für einen gewissen Ausgleich für gelegentliche Frustrationen boten. Vielleicht müssen wir noch offensiver darauf hinweisen, dass ein vergleichsweise hoher Reisepreis nicht bedeutet, dass man durchgehend in Luxushotels nächtigt, sondern viele Faktoren die Kosten bestimmen.

Daneben gab es Hintergrundarbeit zu erledigen: viele E-Mails und Telefonate, die letztendlich aber die problemlose Einfahrt nach China ermöglichten. Eine permanente Ungewissheit blieb jedoch, denn wir konnten nicht abschätzen, wie schnell oder langsam die Zollformalitäten am Ende der Reise vonstatten gingen, denn das Schiff war gebucht, aber zolltechnisch noch nichts in trockenen Tüchern, weil das Meiste erst am Ziel erledigt werden konnte. Viele bürokratische Hürden stellten sich nämlich genau dann in den Weg, wenn man meinte, nun sei alles geregelt. Aber alles ging so weit gut!

Nun ist die erste große Etappe leider vorbei. Unser Hotel, das „Broadway Mansions“ , ein unter Denkmalschutz stehender Backsteinbau aus den Dreißiger Jahren im Stil der frühen amerikanischen Hochhäuser bietet den besten Blick auf den „Bund“ und die gegenüberliegende Skyline von Pudong. Auf der alten Eisenbrücke und vor dem ehemaligen Astoria-Hotel, in dem schon Marlene Dietrich und Albert Einstein wohnten, stehen die jungen Paare Schlange, um sich vor historischer Kulisse an ihrem Hochzeitstag ablichten zu lassen. Auch auf dem Bund sind viele Menschen unterwegs und auf der Nanjing Road ist fast kein Durchkommen. Das Drachenbootfest hat drei zusätzliche Feiertage gebracht, noch mehr Menschen als gewöhnlich schon sind draußen. Wer es ruhig und beschaulich mag, ist in chinesischen Großstädten am falschen Platz. Aber Halt, es gibt einen wunderbaren Ort zum Innehalten und Nachdenken: Den frühen Abend auf der Dachterrasse der Captain’s Bar, wenn unten die Schiffe auf dem Huangpo vorbeiziehen und die Leuchtreklamen auf den Hochhäusern von Pudong herüber zu blinken beginnen. In Shanghai zu sein ist wunderbar, vor allem, nachdem wir diesen Abschnitt so problemlos hinter uns gebracht haben. So wunderbar, wie es oft war auf den 15 267 Kilometern vom Konzerthaus in Freiburg in den Hafen von Shanghai.

Denn schön war es nicht nur der kulturellen und landschaftlichen Höhepunkte wegen, sondern weil sich wieder die richtigen Leute gefunden hatten, um diese Reise miteinander zu machen. Die Betonung liegt auf „miteinander“ … So viele unterschiedlichste Charaktere – und so viel Freude und Spaß miteinander! Dafür bin ich allen dankbar! Schön, dass Ihr dabei wart, ich freue mich schon darauf, viele von Euch am nächsten Stammtisch zu sehen. Vorfreude auch darauf, dass ein paar von Euch bei den nächsten Etappen wieder dazu stoßen!!!

Dankbar bin ich aber aber auch, dass nichts passierte, keine Krankheiten, außer der einen oder anderen Unpässlichkeit, wie sie in solch langen Zeiträumen immer auftreten kann. Kein Unfall oder Malheur, weder, wenn wir als Fußgänger unterwegs waren, noch in diesem von Europa so verschiedenen Straßenverkehr.

Der Setra läuft wunderbar und ohne den geringsten Mangel oder irgendeinen Defekt, allen Unkenrufern zum Trotz, die uns davor gewarnt hatten, mit einem nagelneuen Omnibus loszufahren und dazu noch mit dem ersten Exemplar, das von der neuen Serie vom Band gelaufen war. Aber da habe ich volles Vertrauen in Setra, den Hersteller in Ulm und Vertrauen in Toli, unseren Servicetechniker, falls es tatsächlich einmal ein Problem geben sollte. Und tatsächlich brauchten wir ihn. Nicht, weil am Bus irgendetwas nicht funktionierte, sondern wegen einem bzw. zwei Steinschlägen in der Frontscheibe. Ohne ihn hätten wir wahrscheinlich schon in Istanbul die Frontscheibe tauschen lassen müssen. Erst recht dann in Hami in China, als ein Auto einen Stein hochwirbelte, der mit Sicherheit zu ihrem Exitus geführt hätte, wäre Toli nicht mit seinem Scheibenreparatur-Kit bereit gestanden: Stunde um Stunde verarztete er sorgfältig und geduldig in einem Arbeitsgang nach dem anderen das Loch und die Risse, die sich schon zu bilden begannen, so dass nun nichts mehr von dem Loch zu sehen ist und die Scheibe bis Ushaia halten wird, vorausgesetzt, wir bleiben von weiteren Steinschlägen verschont. Der Bus läuft super und ganz ruhig, der Gesamtverbrauch lag auf dieser schweren Etappe bei 23,2 Litern im Schnitt, das ist unter Berücksichtigung des Streckenprofils und der Straßenverhältnisse ein geradezu sensationeller Wert. Inklusive der Standzeiten mit laufendem Motor, wenn wir unsere Staubsaugerorgien abhielten oder die Temperatur herunter kühlen mussten, damit nach einer Besichtigung unsere Leute keinen Hitzschlag bekamen, wenn sie wieder den Bus bestiegen, hatten wir einen Gesamtverbrauch von 24,9 Litern. Mal sehen, was die Zahlen ganz am Ende in Feuerland sprechen.

Jetzt ist die Spannung der vergangenen Wochen vorbei. Morgen fliegen wir zunächst nach Frankfurt, kehren nach Freiburg zurück und in ein paar Wochen geht es nach Alaska, um dort den Bus vom Schiff zu holen. Dann beginnt der für mich womöglich noch spannendere Teil, die Fahrt entlang der Panamericana. Denn das ist völliges Neuland für einen roten Bus und seine Fahrer.

Vielen Dank, dass Ihr dabei wart auf der Reise und daheim am Bildschirm! Bis bald!

Viele Grüße

Hans-Peter Christoph

Filmbeiträge:

von der Captains Bar aus gefilmt

von der Captains Bar gefilmt 2

Auf ein Wort – zum Abschied

von Lothar

Es ist erreicht, es ist vorbei,
Reiseende ist Shanghai.
Gilt für Eurasien, das ist klar,
Ich jedenfalls , fands wunderbar.

Ich fang mal mit AVANTI an,
mit Ina, Toli, Christian,
Hans-Peter, der das Kind geboren,
sie alle waren auserchoren,
uns durch eine Welt zu fahren,
die unbekannt den meisten war.

Die Müh‘ , die sie sich aufgeladen
war manchmal Last, doch muß ich sagen,
sie hab’n fast alles hingekriegt,
und wenn sie kam mal, die Kritik,
dann war sie konstruktiv gemeint,
denn das ist das, was uns vereint.

Als Christian ging und Stefan kam,
fing alles fast vorne an,
Almaty war die Wechselstelle,
Renee‘ und Irma, Gisela,
Mandy, Achim und Estella,
Karla und Jogi überhaupt,
die wurden einfach ausgetauscht.

Es kam die Sigrid und ihr Klaus,
in unser tolles Reisehaus,
davor schon Martha und auch Gudrun,
sie hatten nicht mehr viel zu tun,
denn alle spürten blitzesschnelle,
hier schwimmt man auf einer Welle.

So hab’n sich alle toll ergänzt,
und niemand wurde ausgegrenzt.
Hans-Peter hat es prophezeiht,
es kommt der Tag,  mit etwas Streit,
doch siehe da und wunder dich,
Hans-Peter irrt, ihr glaubt es  nicht.

Potz, Blitz, hab ich’s doch fast vergessen,
da ist noch eine ganz versessen,
mit zu uns an Bord gekommen,
Doro,  war uns sehr willkommen.
Hat  sie mit ihrem China-Wissen,
uns präsentiert manch Leckerbissen,
ohne die wir- unerfahren-
geblieben wär’n, wie wir halt waren.

Nimm eines mit auf Deinem Weg,
Du bist noch jung, nichts ist zu spät,
hast wieder Du ’ne alte Fracht,
dann führe sie mit aller Macht,
hin zu Deinen Leckerbissen,
stopf sie zu mit Deinem Wissen,
sie wollen hör’n an jedem Ort,
aus Deinem Mund das weise Wort.

Nun möchte ich noch die benennen,
die mitgemacht das ganze Rennen.
Da ist die liebe Adelheid,
die stets und immer ist bereit,
dir Auskunft über das zu geben,
was an Wissen fehlt im Leben.

Da ist Brigitte aus der Schweiz,
für sie war’s ein besonderer Reiz,
mit dem Computer klar zu kommen,
es gelang ihr fast vollkommen.

Da ist die Helga , die ganz ruhig,
die Dinge nimmt, wie sie halt kommen,
die, mit Brigitte nicht bekannt,
in ihr ’ne neue Freundin fand.

Virginia aus dem Münsterland,
hat viele Sachen in der Hand.
Das hättet ihr mal sehen sollen,
wenn China-Männeraugen rollen,
weil sie zwei blonde Frau’n erblicken,
und alle sich daran erquicken.

Denn auch die Anke aus dem Norden,
kennt diese Blondinensorgen.
Die beiden hatten auf der Reise ,
für uns eine spezielle Speise.
Geburtstage war’n angesagt,
auch wenn das Alter etwas plagt,

Brigitte, die das auch durchmachte,
konnte sogar zweimal feiern,
erst im April und dann im Mai
wir war’n ganz gern zweimal dabei.

Und jetzt bist du dran, liebe Hilde,
Du bist ganz ruhig, stets im Bilde,
lachst in Dich rein, wenn’s Dir gefällt,
und weißt genau, wenn einer bellt,
dann beißt der Hund noch lange nicht,
schreibt er auch manchmal ein Gedicht.

Ja, Christophe, als du eingestiegen,
da warst Du wirklich sehr verschwiegen,
hast ständig mit dem i-phone nur,
Dich unterhalten wollen und bist stur
und wie wir wissen, ohne Reue,
wirklich jeden Tag aufs neue,
mit dem Ding in Deiner Hand,
nicht nur zum Frühstücken gerannt.

Einmal – verdutzt hab ich geguckt,
hast Du das Ding ja fast verschluckt.
Das wäre sicher gut gewesen
für Dich und auch die anderen Wesen,
die Dich zum sprechen animierten,
und Dich so langsam dazu führten,
das Du nicht nur allein mit Dir,
getrunken hast, das viele Bier.

Am Abend, neulich, konnt ich lernen,
Du warst geradezu am Schwärmen,
lobtest Dich, den Eidgenossen,
der tagtäglich,  unverdrossen,
Deutsche neben sich ertrug,
9 Wochen lang , es ist genug,
hast lachend Du zu uns gesagt,
die alle, wirklich ungefragt,
auch Dich so lang ertragen haben,
willst Du Freundschaft, mußt Du wagen.

Nun hab‘ ich alle wohl erwähnt,
die Einen mehr, die Anderen weniger,
vielleicht habt Ihr dabei gegähnt,
drum wacht jetzt auf, Ihr seid die Sieger,
habt diese Reise mitgemacht,
habt mal gemurrt  und viel gelacht,
habt soviel Neues auch erfahren,
kennt Menschen jetzt, die fremd Euch waren,
habt mitgeformt die tolle Gruppe,
niemals war Euch etwas schnuppe.

Und wenn ich Euch zum Abschied sag,
daß ich Euch alle wirklich mag,
wie Ihr mich – Kulturbanause-
empfangen habt nach meiner Pause,
das war famos, ich war gerührt,
Ihr habt das sicher auch gespürt.

Ich hab versucht auf meine Weise,
etwas beizutragen zu der Reise.
Ist’s mir gelungen, freut es mich,
ich grüß Euch alle und auch Dich.

Lothar

 

Begegnungen und Beobachtungen in China

von Adelheid

Anders als in Deutschland sind nur wenige Hunde auf der Straße zu sehen und wenn, dann eher kleine. Also stößt man erfreulicherweise in Parkanlagen oder auf Gehwegen kaum auf deren Hinterlassenschaften. Dafür sieht man aber ab und zu kleine Kinder, die sich ungeniert mitten auf den Weg setzen, um dort ihr kleines oder großes Geschäftchen zu verrichten, freundlich beobachtet von ihrer Umgebung. Kein Wunder, besitzen ihre praktischen Höschen doch vorne und hinten an entsprechender Stelle einen großen Schlitz!

Geht man abends durch die Gassen beispielsweise von Kaifeng, so drängen sich die Stände und Buden mit Fleischspießen, Gemüse, Fladen oder gefüllten Teigtaschen auf den Wegen und die Menschen sitzen auf kleinen Hockern und genießen zusammen mit der Familie oder Freunden ihr Abendessen in lautstarker Fröhlichkeit. Dabei lassen sie alles, was so an Ungenießbarem anfällt, unter sich fallen… Vorsichtig bahnen wir uns unseren Weg durch Menschen und Müll. Doch als wir am nächsten Morgen aus dem Fenster schauen, liegt ein sauber gefegter Gehsteig vor uns, der nichts von den nächtlichen „Orgien“ mehr ahnen lässt.

Gegenüber von unserem Hotel in Kaifeng befand sich ein fröhlich-buntes Gebäude, der Kindergarten. Morgens um 8.00 Uhr und abends um 18.00 Uhr  strömten, wie bei uns, Mütter und Väter, Großmütter und Großväter herbei, um die lieben Kleinen zu bringen oder abzuholen. Der große Unterschied? Es fuhren keine Autos vor, sondern Zwei- oder Dreiräder der unterschiedlichsten Art: Fahrräder mit oder ohne Kindersitz, dieser in der Luxusversion mit Sonnenschirm und rotem Polster, Dreiräder mit Sitzgelegenheit auf der Ladefläche oder mit kleiner Bank, oft sogar für mehrere Personen, bunt oder einfarbig. Parkprobleme gab es also nicht.

Eine Gasse im Moslemviertel von Xi’an. Drei Kleine Mädchen  sitzen in einer Ecke und amüsieren sich mit einem Käfig. Mehr erkenne ich nicht und gehe deshalb näher heran. Sie spielen mit einer Maus oder einem kleinen Hamster. Als sie mich erblicken, grüßt die erste mit „hello“, die zweite folgt, die dritte kann mich nicht sehen, weil sie mir den Rücken zuwendet. Da stößt sie die erste an, sagt etwas zu ihr und darauf erschallt das dritte „Hello“.

Müde und hungrig laufen wir durch die Straßen von Kaifeng. Nach der Besichtigung der Eisenpagode und des sie umgebenden Parks haben wir „frei“. Die Temperatur beträgt mindestens 35 Grad. Endlich sehen wir einen Fladenbrotstand und ich schlage zu. Leider ist das eine ziemlich trockene Angelegenheit, weshalb ich eine Straße weiter bei einer Gemüseverkäuferin eine fertig zubereitete grün-gelbe, verlockend duftende Füllung kaufe, mit viel, viel Knoblauch, wie ich später feststelle. Ich lasse sie mir gleich in den Fladen füllen und frage dann nach dem Preis. Die Frau bedeutet mir, dass sie nichts dafür will!

Wir wollen ein Fax aufgeben. Das Hotel erklärt sich bereit, kann an der Rezeption aber nur nationale Faxe versenden. Die junge Hotelangestellte fragt in der Verwaltung nach, erfährt, dass die Telefone in den Hotelzimmern für den internationalen Telefonverkehr freigeschaltet sind. Also schleppen sie und ein männlicher Kollege das Faxgerät in mein Zimmer, verbinden es mit meinem Telefon und versuchen – leider vergeblich – mein Fax durchzubekommen. Jeder von uns hat drei Versuche, aber es rührt sich nichts. Stattdessen meldet sich plötzlich der Adressat in Berlin am Telefon, dem ich ganz kurz unser Problem schildere. Dann lassen wir das mit dem Faxen, alles wird wieder abgebaut, und als ich nach den Kosten frage, erklärt man mir, dass ich nichts zu zahlen habe, sie hätten es gerne getan. Und der junge Mann erklärt mir  in holperigem Englisch, dass er schon lange ein großer Fan des FC Bayern sei!

Mein Dank also auch nach München.

Adelheid

Dem Ende entgegen

Von Lothar

Ein wenig Wehmut kam schon auf,
als heute früh Hans-Peter,
uns erklärte den Verlauf,
des Tages und uns später
dann erzählen mußte,
was keiner ahnte oder wußte,
es sei der letzte Tag in diesem Bus
der bald ja nach Alaska muß.
Die Schifffahrt ist ja fest gebucht.
Behörden, die von uns verflucht,
die werden nun, 5 Tage lang,
den Bus durchchecken, ist doch krank,
ob dieser nun das schöne China
verlassen darf, ist das nicht prima?

Das ganze paßt zum Wetter heut,
schwüle Hitze, trübe Leut,
draußen siehst du kaum noch was,
drinnen fehlt uns etwas Spaß.
Kein Wunder, da fast alle nun,
Gedanken ordnen und das tun,
was man so macht, wenn man doch weiß,
bald ist’s zu Ende, auf deutsch: Scheiß.

Das flache Land, durch das wir fahren,
stinkt gerade fürchterlich,
wir springen auf und sehn den wahren
Grund für unsre schlechte Sicht.
Die Bauern haben weite Flächen
angezündet und verbrannt,
ist das ok, wird es sich rächen,
das so geschundene Land?
Sag’s uns, Blogleser, du weißt’s genau,
und mach uns andern alle schlau.

Trotz dieser Geschehnisse,
im Bus ist’s ruhig und ich vermisse,
so manchen fröhlichen Impuls,
ein wenig Wehmut.

Lothar Schulz

 

 

Aus Sicht des Fahrers: Der Straßenverkehr in China

Text und Filme: Hans-Peter Christoph

In China haben Kleinstädte oftmals 300 000, 500 000 oder eine Million Einwohner. Yinning, Turfan, Hami, Jiayuguan, Zhangye oder jetzt Kaifeng sind solche „Kleinstädte“ entlang unserer Route. Ein Ort in der Größe Freiburgs wäre mittleres Dorf. Mittelgroße Städte sind Urumqi oder Lanzhou mit drei bis vier Millionen. Xi’an mit etwa acht Millionen ist die erste „richtige“ Großstadt Chinas auf unserem Weg nach Shanghai.

Einfahrt nach Kaifeng, eine typische Kleinstadt mit 800 000 Einwohnern. Mit maximal 35 km/h rollen wir die sechsspurige Straße entlang. Keiner drängelt, viele fahren auch nur 15, 20 oder 30 km/h. Welche Spur man dabei benutzt scheint egal zu sein. Das bedeutet, dass manche auf der linken Spur mit 20 bis 30 entlangzockeln, andere schleichen auf der rechten Spur, und manche auf der mittleren. Autos, LKWs, Linienbusse, Lieferwagen, Roller, dreirädrige Mopeds und Elektrofahrräder, jeder fährt, wo er will und egal mit welchem Tempo. Um unsere Geschwindigkeit von etwa 35 bis 40 halten zu können, nutzt Stefan sämtliche Spuren, genauso wie es die Chinesen machen, die ebenfalls zu den schnelleren gehören. So gestaltet sich unsere Einfahrt zu einer gemütlichen Slalomfahrt um geringfügig langsamere Verkehrsteilnehmer. Manchmal kommt uns auf unserer Spur auch ein Fahrzeug entgegen. Aber niemanden kümmert das, man weicht eben aus, drängelt ein bisschen nach links oder nach rechts und setzt dafür die Hupe ein. Alle machen das so. Der Verkehr gleicht einem trägen Fluss. Die einzigen Strudel darin sind die Kreuzungen. Denn um nach links abzubiegen, wartet man nicht den Gegenverkehr ab, sondern bremst ihn aus …

Einfahrt nach Xi’an. Das Südtor bildet ein Nadelöhr bei der Einfahrt. Nicht mehr fünf bis sechs Spuren stehen unserer Richtung zur Verfügung, am Südtor verengt sich die Straße auf lediglich drei. Staus sind in dieser Achtmillionenstadt sowieso die Regel. So auch hier. Wie bei uns in Deutschland wird gedrängelt und gedrückt. Der einzige Unterschied: Jeder muss mit seiner Hupe auf sich aufmerksam machen, auch im Stand und aus reiner Lebensfreude, und nicht weil Gefahr droht oder man jemanden gefährden will.

Drei Kreuzungen weiter auf der nun vierspurigen Straße müssten wir links abbiegen, um direkt zu unserm Hotel zu gelangen. Die Beschilderung macht jedoch unmissverständlich klar, dass man nur geradeaus oder nach rechts fahren darf. Mitten auf der Kreuzung drei Polizisten, die den Verkehr regeln. Die Polizisten stehen links vor uns mitten in der Kreuzung und winken uns geradeaus. Aber was macht Stefan, ganz Chinese? Er zieht das Rollo des Seitenfensters herunter, damit die Polizisten ihn nicht direkt ansehen können, fährt auf der linken Spur an den Polizisten vorbei und zieht dann nach links, den Gegenverkehr ausbremsend … Der entgegenkommende Linienbus nimmt es gelassen und wartet aus Kollegialität, aber die anderen Autos sind gnadenlos und wollen nicht weichen. Stefan jedoch schiebt sich Zentimeter um Zentimeter weiter in die Kreuzung, bis wir sie zur Hälfte blockieren und gar nichts mehr geht. Gehupe wie immer und allerorten, einer der Polizisten eilt mit finsterer Mine herbei, stutzt, als er die fremde Autonummer sieht und den langnasigen Herrn am Steuer. Auf einmal geht ein Lächeln über sein Gesicht – mit erhobener Hand und wildem Trillerpfeifen bringt er den Gegenverkehr zu Stehen. Stefan hat freie Fahrt, der Polizist winkt, Stefan lässt sein Rollo hoch und winkt zurück.

Autobahn zwischen Xi’an und Kaifeng. Morgens um 11 Uhr, sonnig, Temperaturen um die 33 Grad, viele LKWs, die oft, aber nicht immer die rechte Spur nutzen. Einige fahren auch stundenlang auf der linken Spur. Gerne mit 60 km/h, oft und gerade an Steigungen auch wesentlich langsamer. Niemand regt sich auf, man überholt einfach rechts. Auch viele PKW-Fahrer fahren gerade so, wie es ihnen in den Sinn kommt. Oder in den Unsinn. Auf der Überholspur schleichen sie mit 70 dahin, obwohl die rechte Spur frei und nichts zu überholen ist. Andere dagegen ziehen mit 120 auf dem Standstreifen vorbei, wenn ihnen der Verkehr auf den beiden Normalspuren zu langsam ist. Oder sie halten auf dem Standstreifen an, um breitbeinig Wasser zu lassen und anschließend aus dem Stand gleich auf die Überholspur zu ziehen, obwohl sie noch nicht einmal auf 30 beschleunigt haben. Blind und gehörlos sitzen auch andere am Steuer, manche machen offensichtlich ihre ersten Fahrversuche – natürlich ohne Fahrlehrer. So einer ist es auch, der Stefan zur Vollbremsung zwingt, als er mit höchstens 30 Stundenkilometern auf der rechten Spur schleichend unvermittelt auf die linke Spur wechselt, genau in dem Augenblick, als Stefan mit den erlaubten 100 nahezu auf seiner Höhe ist. Gut, dass wir angeschnallt sind, gut auch, dass der Blinde auch nicht hören kann, wie die Businsassen sein Fahrverhalten beurteilen. So haben wir täglich die tollsten Erlebnisse, auch im Verkehr. Wobei wir trotzdem alles in allem im Vergleich zu 2008 und 2010 bereits eine enorme Verbesserung feststellen. Ganz im Ernst! Und so schnell, wie China sich entwickelt, dürften wir auf der nächsten Reise sicher schon auf portugiesische Verhältnisse treffen. Über die könnte Christian schreiben, der uns die erste Etappe bis Almaty gefahren hat und jetzt am Samstag wieder einmal nach Portugal kommt,. Gell, Christian? Gibt es da auch Fortschritte?

Verkehr 5, Verkehr 7, Verkehr 6, Verkehr, Verkehr 2, Verkehr 3, Verkehr 4

Anmerkung der Redaktion: Wer sich für die Anekdote aus Portugal interessiert, schaut hier

Besuch der Terrakotta-Armee

Text  von Adelheid, Fotos von Ina

Am Sonntag war frühes Aufstehen angesagt, denn wir wollten rechtzeitig um 8.30 Uhr im Museum eintreffen. Wie immer saßen wir pünktlich im Bus und schafften es, direkt zu Öffnungsbeginn, noch vor dem großen Ansturm, das Gelände zu betreten.
In einem schön angelegten Park befinden sich drei große Ausgrabungshallen und ein Museum. Geschickt werden die Besucherströme hinein- und hinausgeleitet, so dass ich nie den Eindruck von Gedränge oder Enge hatte. Alles wird sehr sauber gehalten, ständig gehen Reinigungskräfte mit Besen und Schaufel herum und, wenn man sich suchend nach einem Papierkorb umsieht, weisen einen andere Besucher schnell darauf hin. Immer wieder fiel mir bei unseren vielen Besichtigungen auf, wie sehr die Chinesen ihre Denkmäler pflegen und sauber halten.
Der Anblick der kampfbereiten Krieger in Schlachtordnung mit Pferden und Wagen ist wirklich überwältigend. Insgesamt soll eine lebensgroße Armee von über 20 000 Soldaten, Offizieren und Kommandanten unter der Erde begraben worden sein, um die Grabstätte des ersten chinesischen Kaisers, Qin Shihuangdi, vor über 2000 Jahren zu schützen. Er einte als erster nach blutigen Kriegszügen das chinesische Reich, schuf durch Vereinheitlichung von Maßen, Währung und Schriftsprache eine effiziente Verwaltung, ließ Straßen und Kanäle anlegen, war aber auch ein grausamer Tyrann, der entweder Angst vor Verfolgung im Totenreich hatte oder sich mit Hilfe der Armee in diesem Reich Unsterblichkeit verschaffen wollte.
Durch Zufall wurden 1974 die ersten Bruchstücke entdeckt und seitdem in mühsamer Arbeit von den Archäologen ausgegraben und zusammengesetzt. Besonders eindrucksvoll ist die Tatsache, dass jeder Soldat andere Gesichtszüge zeigt und dass jedes Detail an Frisur, Kleidung, Rüstung bis hin zu den Schuhen aufs Feinste ausgearbeitet ist. Holz ist zwar vergangen, aber hat Abdrücke hinterlassen, Bronzewaffen sind gut erhalten, wie wir im Museum feststellen konnten, wo sich auch zwei kleine bronzene Kutschen mit Pferden befinden.
Unglaublich sind der Machtwille des nur knapp 40 Jahre alten Kaisers und die Logistik, die hinter dieser gewaltigen Grabanlage steckt. Jahrelang haben unzählige Arbeiter dafür in einer extra angelegten Stadt gearbeitet, viele sind dort auch gestorben. Soll man dieses Werk nun bewundern oder verurteilen?