Plaudereien aus dem Werkzeugtäschle (7)

von Axel Lehmann

Chile wird immer grüner…

Das Wichtigste vorweg: Pünktlich zum 6. Dezember bekam Hans-Peter einen Weihnachtsbaum überreicht, begleitet von einem (leicht modifizierten) Weihnachtslied, a capella vorgetragen. Unnötig zu erwähnen, dass die Aktion Beifallsstürme auslöste. Da wir noch lange Freude an dem schönen Bäumchen haben wollen, lassen wir ihn von Schwarzwaldi bewachen.

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Apropos Weihnachten: Hier weihnachtet es natürlich auch sehr. Im letzten Hotel in Talca stand schon der große, bunte, lichterglitzernde Weihnachtsbaum. Zum Glück waren es nur weiße Lichter, die permanent in beliebiger Reihenfolge an- und ausgingen. Der Eingang zum Restaurant wurde von einer Krippe und zwei Rentieren geschmückt, leider habe ich vergessen, das zu fotografieren. Aber heute waren wir bei der in Chile berühmten Brauerei Kunstmann und haben uns an Bier und deutscher Küche gelabt: Kässpätzle, Kassler, Sauerkraut, Mettwurstbrot und andere Schmakatien, die wir seit Wochen entbehrt haben. Vor der Brauerei und im Eingang stehen wunderbare, mit Bierdosen geschmückte Weihnachtsbäume, die ich den geneigten Bloglesern nicht vorenthalten möchte.

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Und noch ein Spezailbild vom großen Roten:

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Zurück zum Thema: Etwa seit La Serena wird die Landschaft mit jedem Kilometer grüner. Hatte die Landschaft in La Serena noch eher Steppencharakter und war nur da grün, wo auch viel bewässert wurde, so war sie in Santiago schon grün und ist hier südlich Talca bereits üppig grün mit großen Wäldern und viel Landwirtschaft. Streckenweise meint man, durch das Rheintal zu fahren. Und in Pucón am Lago Villarrica meint man schon fast, im Allgäu zu sein; wäre da nicht der Vulkan Villarrica mit fast 2600m Höhe und seinem schneebedeckten Gipfel.

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Rastplätze gibt es doch, zumindest haben wir gestern vor Temuco einen gefunden und benutzt. Ungefähre Koordinaten: 38.09612, 72.35531 W. Ich ziehe hiermit meine Aussage über die nicht vorhandenen Rastplätze zurück.

Handbürste: Seit Santiago habe ich wieder eine Handbürste. Heidi hat sie bei einer blinden Straßenhändlerin gefunden! Und kaum hatte ich die neue Handbürste, sahen wir in Santiago eine richtige Auswahl an Handbürsten in einer Cordoneria Alemana. Man muß halt wissen, wo man so etwas kaufen kann.

Erdbeben: Nein, wir haben (zum Glück) keine Erdbeben erlebt bisher, aber wir sind jetzt in einer geologisch sehr aktiven Region. Allein Talca hatte sechs sehr starke Beben in den letzten 100 Jahren. Dort konnten wir die Folgen des letzten Erdbebens der Stärke 8,8 von 2010 besichtigen. In der Stadt gibt es diverse Gebäude, die schwer beschädigt wurden und gesperrt sind, so die zentrale Schule, die alte Markthalle und die Bank Santander. Jetzt tobt ein Kampf darum, wie es weitergehen soll. Die Stadt will Schule und Markthalle abreißen und eine Shopping Mall hinsetzen. Die Händler der alten Markthalle wehren sich dagegen, denn sie würden dabei auf der Strecke bleiben. Derzeit ist der Markt provisorisch hinter der gesperrten Markthalle. Es sind viele kleine Obst und Gemüsehändler und Bauern mit regionalen Produkten, aber auch Schneider, sonstige Händler und viele kleine Restaurants, in denen man sehr preiswert essen kann. Eine neue „Shopping Mall“ würde sicherlich ganz anders aussehen – aber nicht unbedingt ein besseres Angebot haben.

Wir hatten die Gelegenheit, das Museo O’Higginiano zu besuchen, das eigentlich geschlossen ist. Für die Chilenen ist das eigentlich ein wichtiger Ort, denn hier wurde 1810 die Unabhängigkeitserklärung Chiles von O’Higgins unterzeichnet. Es ist ein altes, großes Haus im Adobe-Stil einer spanischen Adelsfamilie und das älteste Haus am Platz, denn durch die Erdbeben (siehe oben) wurde immer wieder viel zerstört und dann neu gebaut. So ist also dies Haus und Museum, das auch für viele andere kulturelle Zwecke genutzt wurde, ein wichtiges Zeugnis der chilenischen Geschichte. Es ist immer noch geschlossen, weil es eben beim letzten Erdbeben beschädigt wurde. Soweit wir sehen konnten, ist die Grundstruktur noch immer gut, denn die Wände sind sehr breit und aus gestampften Lehmziegeln gebaut; eine Bauweise, die sehr erdbebenresistent ist. Deshalb sind auch nur wenige Ausstellungsstücke verloren gegangen, allerdings ist zur Zeit alles ausgelagert.

Leider hat die derzeitige, konservative Regierung wenig Interesse gezeigt, das Museum wieder herzurichten. Jetzt stehen Neuwahlen an und für 2014 wurde nun die Bereitstellung von Mitteln angekündigt. Wir wünschen dem Direktor, daß die Mittel auch wirklich kommen!