Plaudereien aus dem Werkzeugtäschle (4)

Beitrag von Axel Lehmann

Und Peru ist doch grün…

Während der kleinere Teil der Truppe brav der Panamerikana folgt, wollen die neugierigen Nasen (übrigens 12, nicht 13) das Peru der Anden zu erkunden. Das erste Ziel ist Cusco, wohin wir von Lima in einer guten Stunde mit dem Flugzeug gelangen.

(Eigentlich kann ich gar nicht aus dem Werkzeugtäschle plaudern, denn das ist im Koffer mit dem Schweizermesser und anderen spitzen Gegenständen geblieben, damit man es mir nicht bei der Sicherheitskontrolle abnimmt. Das Werkzeugtäschle fährt also die Panamerikana.)

Man sieht beim Flug von oben, wie sich die zunächst kargen Berge immer mehr begrünen, bis wir im grünen Tal von Cusco landen. Wir kommen gegen Mittag an und können uns ein bischen ausruhen, damit wir uns an die Höhe gewöhnen, denn wir sind von Null auf 3400m in einer Stunde katapultiert worden. Einige Tassen Cocatee helfen, aber der Sauerstoff ist knapp und wir japsen doch bei der Stadtführung, denn es geht dauernd rauf und runter.

Cusco war die Hauptstadt des Inkareichs, aber das kann man alles in Wikipedia nachlesen. Sehen kann man von den Inkas noch an vielen Stellen Grundmauern von Gebäuden, die die Spanier übriggelassen haben. Diese Mauern zeichnen sich dadurch aus, daß die Steine zwar unregelmäßig, aber fugenlos an- und ineinander gefügt sind. Wie die Inkas diese Bauweise mit dieser Präzision bewerkstelligen konnten, ist bis heute nicht ergründet, aber faszinierend anzusehen. Gut sehen können wir es im Franziskanerkloster, wo etliche Mauern gut erhalten sind.
Um den Hauptplatz herum brummt das Leben, vor allem ein Andenkenladen und ein Restaurant reihen sich an das nächste. Viele junge Rucksacktouristen fallen auf. Und leider geht auch sehr viel Autoverkehr durch die engen Gassen der Altstadt, was die Unesco unterbinden möchte; bisher aber wohl ohne Erfolg. Es ist nicht unbedingt eine Freude, durch diese Gassen zu laufen. Unser (sehr schönes, weil mit vielen Innenhöfen versehenes) Hotel liegt günstig („fußläufig“) am Stadtrand der Altstadt. Nach Einbruch der Dunkelheit ziehen wir uns zum Abendessen in unser Hotel zurück, während draußen ein Gewitterregen mit Hagel herunterprasselt, wie ich es selten erlebt habe. Das Wasser läuft in Bächen die Straßen herunter. Es regnet immer noch, als wir ins Bett gehen.

Es ist Sonntag, als wir ins Umland von Cusco aufbrechen. Die Universität von Cusco macht eine Aufnahmeprüfung, 8000 Kandidaten sollen angereist sein, die halbe Stadt ist gesperrt und wir müssen einige Umwege fahren, um aus der Stadt herauszukommen. Von einem Aussichtspunkt können wir das große Tal überblicken, das heute vollständig von Cusco ausgefüllt ist. Wir fahren hinab ins Urubambatal, wobei wir noch diverse Inka-Ausgrabungen besichtigen. Das Wetter ist warm und leicht bewölkt. Als wir nachmittags in unserem Hotel am Urubamba ankommen, regnet und hagelt es prompt wieder. Es hagelt so stark, daß der Rasen komplett weiß ist; aber nach einer Stunde ist der Spuk verschwunden und es hat sich erstaunlich wenig abgekühlt.

Montag ist dann der Tag der Tage: Wir wollen Machu Picchu erklimmen. Zunächst fahren wir zur Bahnstation, um mit Perurail in einem Aussichtswagon entlang des Urubamba zum Ort Machu Picchu zu fahren. Unser Zug fällt aus, weil die Lok kaputt ist. Das ist aber kein Problem, die Wagons werden einfach an den nächsten Zug angehängt. So kommen wir mit nur 40 Minuten Verspätung an. Die Fahrt entlang des Urubamba führt durch ein grandioses Tal, bei dem sich die Vegetation langsam von Bergland zu Dschungel verändert, denn Machu Picchu liegt bereits an der Grenze zum Tiefland des Amazonas. Die Fahrt ist sehr gemütlich, wir brauchen eineinhalb Stunden für gut 40km.

Mit einem Shuttlebus geht es in 20 Minuten zum Eingang der Inkasiedlung Machu Picchu (wie die Inkas den Ort wirklich nannten, weiß man nicht). Man kann auch zu Fuß hochsteigen: 400 Höhenmeter sind auf einem knapp 2km langen Weg zu meistern. Am Eingang erwartet uns zunächst die obligatorische Paßprozedur (siehe unten). Dann erklimmen wir einen Aussichtspunkt und unter uns liegt das eigentliche Ziel unserer Begierde: Machu Picchu. Umrahmt von den nahen, steilen und teilweise höheren Bergen bietet diese Siedlung wirklich einen atemberaubenden Anblick. Ein paar Kilometer weiter hängen dicke Regenwolken an den Bergspitzen, wir sehen den Regen, hören den Donner und stehen selbst in strahlenden Sonnenschein.
Lohnte sich die Mühe des Umwegs? Ja, unbedingt – diese Siedlung gepaart mit der umgebenden Landschaft ist mit nichts vergleichbar, was ich bisher gesehen habe.
Drei Stunden lang erkunden wir das Terrain mit unserem sachkundigen Führer Carlos, der mit viel Fachkenntnis und Engagement uns das vermittelt, was man bisher an einigermaßen gesicherten Erkenntnissen gewonnen hat, denn viel weiß man von den Inkas bis heute nicht. Als der Himmel dann völlig zugezogen ist und der Regen sich uns soweit genähert hat, daß wir überlegen, unsere Regenschirme zu aktivieren, fahren wir wieder mit unserem Shuttlebus hinunter und gehen zu unserem Hotel.
Da unser eigentlich gebuchtes Hotel überbucht ist, sind wir im besseren Inkaterra Pueblo Hotel untergebracht, das erste Haus am Platz, ausgestattet mit Bungalows, gelegen in einer dschungelartigen Anlage. Wir genießen 5-Sterne Komfort inklusive einem lukullischen Abendmenu, das einen einmaligen Tag vollendet abrundet.

Und Peru ist noch anders…

In jedem Hotel müssen wir erst einmal unsere Pässe abgeben, die genau inspiziert und photokopiert werden. Und wehe, es fehlt die „Tarjeta Andina de Migratión“ – das ist eine zusätzliche Bescheinigung, ohne die der Stempel im Paß wertlos ist – dann wird sofort nachgefragt. Meist müssen wir die Pässe abgeben und erhalten sie erst zum Abendessen zurück. Aber neben der Bürokratie gibt es auch gute Seiten: In Peru haben Doppelzimmer automatisch zwei Betten. In ganz Peru hatten wir keinen Zimmerwechsel!

Aber auch bei der Bahn Perurail brauchen wir den Paß, denn die Fahrkarten sind personalisiert und man kommt nur zum Zug, wenn man sich mit Paß ausweisen kann. Diese Züge sind ausschließlich für Ausländer, die Einheimischen benutzen andere Züge, die wesentlich billiger, aber auch einfacher sind (und die Ausländer nicht benutzen dürfen).

Und für Machu Picchu sind die Eintrittskarten natürlich auch personalisiert und man kommt ohne Paß nicht hinein, sogar für das Machu Picchu Museum mußten wir unseren Paß hinlegen. Bei Machu Picchu ist das noch verständlich, denn früher wurden die Karten weiterverkauft oder ein schwunghafter Schwarzhandel betrieben; das hat man mit dieser Regelung unterbunden – komisch mutet es trotzdem an.

Mal sehen, welche Erfahrungen in Chile auf uns warten.