Die längste Etappe

von Hans-Peter Christoph

Gestern Morgen in Shanghai war die Welt noch in Ordnung. Um halb sieben gingen wir runter zum Frühstück und bestellten auf halb acht ein Taxi, das uns zum Flughafen bringen würde. Pünktlich fuhren wir los, erreichten ohne Staus den Flughafen, hatten dort noch massig Zeit, bis unser Flieger ganz nach Plan um 11.55 h Ortszeit abhob. Pünktlich erreichten wir nach knapp 12 Stunden Flugzeit um 18.05 h MEZ Frankfurt.

Mit etwas Glück würden wir den Zug nach Freiburg um 18.53 h schaffen, der um 22.15 Uhr in Freiburg ankommen würde. Dachten wir. Dann würde es auch noch für ein kleines Bier im „Babeuf“ in der Nachbarschaft reichen.

Um 18.40 h sind wir auch schon am Schalter der Bahn, um unser Ticket nach Freiburg zu lösen. „Nehmen Sie den Zug um 19.53 h, der, der jetzt fahren soll, hat Verspätung und Sie erreichen den Anschluss in Mannheim nicht“, rät uns der freundliche Mann am Schalter. Machen wir, keine Frage, stärken uns in einem Bistrot und sind rechtzeitig am Gleis 5. Dort erfahren wir, dass der Zug um 19.53 h fünfundzwanzig Minuten Verspätung haben wird. Kein Problem, das kann vorkommen. Mit 25 Minuten Verspätung fahren wir auch gegen 20.20 h los, um dann gegen 21 Uhr aus unserem Dämmerschlaf gerissen zu werden. Denn mit der Zeitverschiebung sind wir mittlerweile bereits 27 Stunden auf den Beinen. Es rattert und schlägt, unschwer ist festzustellen, dass die Oberleitung gerissen ist, denn Kabel schlagen gegen Dach und Scheiben. Der ICE stoppt.

Und fährt auch für Stunden nicht mehr weiter. Um 1.10 h schließlich steht ein Nahverkehrszug auf dem Nebengleis bereit, die Reisenden des ICE nach Biblis zu bringen. Dort wartet ein anderer ICE, der schließlich gegen 3 Uhr morgens los fährt. Um 5.30 h sind wir endlich in Freiburg.

Das ist einfach nur genial. 65 Tage waren wir über 15 000 Kilometer quer durch zwei Kontinente unterwegs. Mit der Präzision einer Schweizer Uhr (wir hatten ja auch einige Schweizer dabei) hielten wir den Zeitplan Abschnitt für Abschnitt, Etappe für Etappe, Besichtigung für Besichtigung und Programmpunkt für Programmpunkt nahezu auf die Minute genau ein, selbst wenn wir dazu, wie an der usbekischen Grenze, einen fremden Bus anmieten mussten. Aber mit Hilfe der Bahn schafften wir es, auf den letzten 250 Kilometern von Frankfurt bis Freiburg unsere erste und einzige Verspätung, und dann gleich für siebeneinhalb Stunden, hereinzufahren.

Filmbeitrag: DB

Anmerkung der Redaktion: Willkommen zu Hause, mit allem, was dazu gehört – selbst die Verspätungen der DB. Schön, dass Ihr wieder hier seid!

 

6 comments to Die längste Etappe

  1. Christine Wolf sagt:

    An die Heimkehrer,

    dazu passt der Song von den Wize Guys: „Thank you, for travelling with DEUTSCHE BAHN!“

    Willkommen daheim! Ich habe die Blog-Beiträge mit viel Interesse und Freude verfolgt.

    Liebe Grüße,

    Christine Wolf

  2. Sascha sagt:

    Ja wenn man das immer alles vorher wissen würde… dann wäre man mit einem Mietwagen gegen 19 Uhr vom Flughafen weg und 2.26 Stunden später in Freiburg angekommen und hätte im „Babeuf“ noch massig Zeit gehabt. Aber selbst ich wäre im Leben nach einer solchen Fahrt nicht drauf gekommen, dass einem ein anderer Verkehrsträger noch so das persönliche Ende verhaut. Aber so ist das, wenn man selbst die Werte Flexibilität, Improvisation und Querdenken lebt, dann aber auf ein Unternehmen trifft, welches damit nicht ganz so gut umgehen kann… Allerdings, so ein Oberleitungsschaden ist schon eine unglaublich blöde Sache – warum die Leitung ausgerechnet über Eurem Zug herunterkommen musste – wie auch immer – gut, dass es Fernbusse gibt 😉

  3. Volker sagt:

    Liebe Ina, lieber Hans-Peter1

    Herzlich willkommen zurück, ich bin froh, dass in China dann doch noch alles gut geklappt hat und habe Hochachtung vor Eurem Mut und der Idee!

    Sitze gerade in der chinesischen Bahn von Hangzhou nach Beijing und bin begeistert! Kein Wackeln bei 300 km/h, selbst wenn ein Zug entgegenkommt, konstanter Handyempfang, funktionierende Klimaanlage.

    Falls die Chinesen die Technik von Deutschland geklaut haben, müssen sie irgendwo etwas falsch gemacht haben! 😉

    Volker (im Zug G40 von Hangzhou nach Beijing)

  4. Lothar sagt:

    Also Ina und Hans-Peter, warum habt Ihr mich nicht angerufen, ich hätte Euch abgeholt, wo auch immer.
    Das Bier werdet Ihr ja nun schon getrunken haben. Dann also bis zum 5.
    Gruß Lothar

  5. Torben sagt:

    Ihr hättet Mal besser den MeinFernbus nehmen sollen: Um 19:00 ab Frankfurt, Freiburg an 22:40. Vermutlich hätte der freundliche Avanti-Fahrer für seinen Chef ja einen Zwischenstopp am Flughafen gemacht… 🙂

    • Hans-Peter sagt:

      MFB wäre natürlich erste Wahl gewesen, aber bei Ankunft um 18.05 h, Passkontrolle, Gepäckausgabe hätten wir es nur knapp auf den 1953 h ab Flughafen geschafft, aber unmöglich auf 19 Uhr ab HBF Frankfurt … Aber bei dem zügigen MFB-Netzausbau dürfte auch das bald kein Problem mehr sein 🙂

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